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Podcast
Logistik im Dialog

Quo Vadis E-Mobility?

Autoren:

Sascha Hähnke, Geschäftsführer der Rhenus Transport, über die Mobilität der Zukunft

Die „Klima-Uhr“ tickt weiter: E-Mobilität in der Logistik ist ein Thema, das zunehmend in den Fokus rückt, wenn es um nachhaltigen Warentransport geht. Politische Vorgaben wie das Pariser Klimaabkommen oder die Klimaziele der Bundesregierung bringen Unternehmen ebenso dazu, sich mit alternativen Antrieben auseinanderzusetzen, wie deren Selbstverpflichtung hinsichtlich nachhaltiger Wirtschaft. Über die Chancen und Risiken alternativer Antriebe spricht Sascha Hähnke im Rhenus-Podcast.

Der Güterverkehr über die Straße hat in den letzten Jahren eine rasante Entwicklung genommen – angetrieben sowohl von Bemühungen, das Klima zu schützen, als auch der Tatsache, dass fossile Brennstoffe nun einmal endlich sind, rückt dabei das Thema E-Mobilität zunehmend in den Fokus der Logistikbranche. Die Rhenus Gruppe gestaltet diesen Wandel bereits seit einigen Jahren aktiv mit. So verfügt das Unternehmen nicht nur über eine der größten E-Lkw-Flotten, auch hinsichtlich der Praxistests von alternativ angetriebenen Fahrzeugen arbeitet Rhenus eng mit den Herstellern zusammen.

Ob Elektro-Lkw, die Teilnahme an Teststrecken-Projekten für Oberleitungs-Lkw, Fahrzeuge mit LNG- oder CNG-Antrieben: Einer, der sich damit auskennt, ist Sascha Hähnke. Im Podcast „Logistics People Talk“ berichtet er detailliert von den Erfahrungen mit den verschiedenen Antrieben, ihren Vor- und Nachteilen für eine Grüne Logistik und die Eignung verschiedener Antriebsarten für unterschiedliche Transportstrecken und -arten.

Podcast
23.04.2021

Logistics People Talk | E-Mobility Teil 1

Sascha Hähnke, Geschäftsführer der Rhenus Transport, über den praktischen Einsatz alternativer Antriebe wie LNG, Wasserstoff und Elektromotoren sowie die nötigen Rahmenbedingungen für die weitere Entwicklung der Elektromobilität im Straßentransport.

Im zweiten Teil des Interviews spricht Sascha Hähnke über die notwendigen Rahmenbedingungen für die künftige Weiterentwicklung von alternativ angetriebenen Lkw. „Wenn der Übergang vom Dieselmotor zu alternativen Antrieben kommt, müssen wir als Logistikunternehmen in die Vorreiterrolle gehen, denn wir erproben und perfektionieren den Einsatz der neuen Technik auch für unsere Logistikpartner“, so Hähnke. Die Zukunft des Straßentransports, da ist er sich sicher, ist elektrisch – was auch das Fahrverhalten auf den Autobahnen nachhaltig verändern könnte.

 

Podcast
09.06.2021

Logistics People Talk | E-Mobility Teil 2

Sascha Hähnke, Geschäftsführer der Rhenus Transport, gibt seine Einschätzung zur Weiterentwicklung von alternativen Antrieben im Straßentransport und beschreibt die Straße der Zukunft sowie die damit einhergehende Veränderung des Fahrverhaltens.

Interesse an weiteren nachhaltigen Lkw-Themen?

Hier erhalten Sie einen Überblick über aktuelle Projekte innerhalb der Rhenus Gruppe.

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Transkript unserer Podcast-Episode 1

00:00:11
Gwen Dünner Logistics People Talk - der offizielle Rhenus-Podcast für alle, die in Sachen Logistik up to date bleiben wollen, präsentiert von Andrea Goretzki und Gwen Dünner. Unser heutiger Gast: Sascha Hähnke, Geschäftsführer von Rhenus Transport. Das Thema: Elektromobilität und alternative Antriebe im Straßentransport.

00:00:35
Andrea Goretzki: Hallo und herzlich willkommen zu Logistics People Talk, dem Podcast der Rhenus Gruppe. Mein Name ist Andrea Goretzki und neben mir am Mikro sitzt meine wunderbare Kollegin Gwendolyn Dünner. Ganz herzlich begrüßen möchten wir unseren heutigen Studiogast Sascha Hähnke, Geschäftsführer der Rhenus Transport. Trotz erschwerter Bedingungen durch Corona hat er heute den Weg zu uns gefunden, um uns einen Einblick in die Welt der alternativen Antriebe zu geben und uns zu verraten, wie der aktuelle Entwicklungsstand derzeit ist und was die Rhenus als einer der führenden Logistikdienstleister in diesem Bereich schon tut. Hallo, Herr Hähnke, herzlich willkommen und vielen Dank, dass Sie heute hier sind.

00:01:16
Sascha Hähnke: Ja hallo, guten Morgen! Vielen Dank für die Einladung - endlich mal wieder ein Präsenztermin, wenn auch unter erschwerten Bedingungen. Wir sitzen weit auseinander, aber es ist schön, mal wieder in Holzwickede zu sein, durch Corona war ich dieses Jahr wenig hier.

00:01:29
Andrea Goretzki: Wir freuen uns, dass sie da sind! Bevor wir ins Thema einsteigen wollen, möchten wir Sie gerne ein wenig besser kennenlernen und uns für unser Gespräch ein bisschen warmmachen. Da würden wir gerne einige Entweder-oder-Fragen stellen, die Sie einfach so ganz locker von der Leber weg und aus dem Bauch heraus beantworten: Machen Sie da mit?

00:01:51
Sascha Hähnke: Wäre schön, wenn ich die vorher gehabt hätte, aber klar, mache ich mit!

00:01:56
Andrea Goretzki: Dann ist es ja nicht mehr locker aus dem Bauch heraus! Okay, dann legen wir mal los: Pasta oder Pizza?

00:02:04
Sascha Hähnke: Pasta.

00:02:06
Andrea Goretzki: Berge oder Strand?

00:02:06
Sascha Hähnke: Strand.

00:02:09
Andrea Goretzki: Aston Martin oder Porsche?

00:02:10
Sascha Hähnke: Porsche.

00:02:11
Gwen Dünner Das war klar!

00:02:12
Andrea Goretzki: Bier oder Wein?

00:02:17
Sascha Hähnke: Das ist situationsabhängig - gerne Wein.

00:02:19
Andrea Goretzki: Okay. Hund oder Katze?

00:02:23
Sascha Hähnke: Weder noch, wir haben kein Haustier, tatsächlich nicht, aber wenn, dann Hund.

00:02:26
Andrea Goretzki: Okay. Kreuzfahrt oder Road Trip?

00:02:30
Sascha Hähnke: Road Trip.

00:02:32
Andrea Goretzki: Burger oder Bratwurst?

00:02:34
Sascha Hähnke: Bratwurst.

00:02:34
Andrea Goretzki: Jazz oder Rock?

00:02:36
Sascha Hähnke: Rock.

00:02:36
Andrea Goretzki: Süß oder salzig?

00:02:39
Sascha Hähnke: Salzig.

00:02:39
Andrea Goretzki: Brief oder E-Mail?

00:02:40
Sascha Hähnke: E-Mail.

00:02:43
Andrea Goretzki: Super, vielen Dank! Ich bin ganz froh, dass Sie gerade gesagt haben Roadtrip, denn das erleichtert mir jetzt nämlich die Überleitung.

00:02:51
Gwen Dünner Als wäre es geplant gewesen.

00:02:56
Andrea Goretzki: Als wäre es geplant gewesen, genau. Ja, wenn Sie das nicht geantwortet hätten, hätte uns auch alles andere überrascht. Schließlich dreht sich Ihr berufliches Leben ja darum, dafür zu sorgen, dass Warenströme über unsere Straßen unterwegs sind. Erzählen Sie mal! Sie sind seit 2004 bei der Rhenus in verschiedensten Positionen tätig. Das sind 16 Jahre, ganz schön lange Zeit. Können Sie uns ein bisschen was zu Ihrem Werdegang erzählen und darüber, was Sie seit damals mit der Rhenus verbindet?

00:03:28
Sascha Hähnke: Ja, ich habe ganz klassisch Speditionskaufmann gelernt und bin von einem kleinen Familienunternehmen in ein großes Familienunternehmen gekommen. Was mich mit der Rhenus verbindet ist zum Beispiel das Familiending. Das fällt mir immer spontan ein. Das wird zugegebenermaßen immer schwieriger, aufgrund der Größe, die wir haben, aber ich sehe das so ein bisschen als unsere Aufgabe, dass wir das auch weitertransportieren an neue Kollegen oder wenn wir Zukäufe tätigen. D Ich mag diese kurzen Entscheidungswege nach wie vor oder umgekehrt gesagt: Mich nerven diese großen Hierarchien und langen Entscheidungen. Das habe ich aus meinem Ausbildungsbetrieb damals so erleben müssen und da war für mich von vornherein klar, dass ich das so nicht möchte. Darum bin ich dann 2004 hier eingetreten. Ich habe zunächst die damalige Rhenus Fehring, einen Restholzlogistiker, verantworten dürfen und relativ kurze Zeit später kam dann die Verantwortung für den Roadbereich dazu. Was verbindet mich noch damit? Kontinuität fällt mir immer ein - ich selbst 16 Jahre, Frau Goretzki, Sie auch schon 9.

00:04:37
Andrea Goretzki: Ja, das stimmt. (lacht)

00:04:45
Sascha Hähnke: Nein, jetzt Spaß beiseite: Man muss sich nicht alle Nase lang an einen neuen, sagen wir mal, Finanzgeschäftsführer gewöhnen. Christian Ruppert ist ein verlässlicher, langer Partner. Diese Kontinuität meiner beiden Geschäftsführungskollegen, Thomas Maassen und Dirk Gemmer, kenne ich genau seit 2004, dann weiß man, wie man tickt. Man weiß ganz genau, wie der andere reagiert - das ist sehr respektvoll miteinander und das gehört auch zur Kontinuität, dass ich Partner an meiner Seite habe in der Geschäftsführung, die total verlässlich sind und große Experten in ihrem Bereich. Was haben wir noch? Dritter Punkt, der mich immer wieder beeindruckt, ist wenn wir etwas lesen, auch von euch, dass wir eine Vielfalt an Produkten haben. Diese Produktvielfalt ist schon jedes Mal wieder erstaunlich. Wir führen ja auch Managementtrainings durch und dann lerne ich jedes Mal wieder dazu, was die Rhenus in welchen Ländern dann tatsächlich auch noch an Dienstleistungen erbringen kann. Jetzt könnte man als Außenstehender meinen, die können ja nichts richtig, wenn die so viel durcheinanderwuseln, dann sind das keine Spezialisten oder keine Fachleute. Wir haben uns vor zwei oder drei Jahren mal über das Wochenende eingeschlossen mit meinem Führungsteam im Roadbereich und haben so ein bisschen Strategie gemacht und  versucht, das zu formulieren. Ein Kollege hat das sehr treffend erklärt: Wir waren dann auf einmal bei der Leichtathletik beim Zehnkampf: „Sind wir eigentlich ein Mehrkampf-Laden?" und dann habe ich gesagt: „Nein, das sind wir nicht, weil ein Zehnkämpfer kann nichts richtig gut", der kann alles ein bisschen. „Sind wir zehn Einzelkämpfer?" „Das sind wir auch nicht, dann würden wir nicht nach rechts und links gucken." Wir haben in der Transport-Geschäftsführung mittlerweile den Bereich Schifffahrt und Bahn und Lkw zusammengelegt - natürlich gucken wir nach rechts und links und sind keine Egoisten. Also haben wir gesagt, wir sind zehn Spezialisten, die gemeinsam einen Zehnkampf machen und das ist, glaube ich, auch das Erfolgsrezept. So kann man diese Produktvielfalt unter einen Hut bringen. Und das sind so die drei Sachen, die mir spontan immer zur Rhenus einfallen, wenn mich Kollegen, Freunde, Familie oder Bekannte fragen.

00:06:36
Gwen Dünner Und wo wir auch gerade von der Kontinuität und den neuen Themen sprechen: es geht ja nicht nur darum, dass man alles so weitermacht wie es bisher war, sondern dass man sich natürlich auch über den Tellerrand hinaus weiterentwickelt. Da hat der Güterverkehr auf der Straße in den letzten Jahren eine rasante Entwicklung genommen, angetrieben natürlich auch von den Bemühungen, das Klima zu schützen und der Tatsache, dass fossile Brennstoffe endlich sind. In verschiedenen Interviews haben Sie in den Medien bereits davon gesprochen, dass die Rhenus Gruppe eben diesen Wandel auch mitgestaltet und verschiedene alternative Antriebe für Lkw testet. Können Sie uns einen kurzen Überblick geben: Was haben wir da alles schon gemacht bei der Rhenus?

00:07:21
Sascha Hähnke: Also eigentlich machen wir das schon sehr lange. Als ich vor 16 Jahren dazukam, waren wir mitten in dieser Bio-Diesel-Szene unterwegs und haben herumgetüftelt und auch die ersten Fahrzeuge getestet, das war unheimlich lustig: Unsere Kollegen von der Saria haben eigene Bio-Diesel-Raffinerien und wir haben also quasi unseren eigenen Sprit getankt, wenn man das so will. Und da gab es eine bestimmte Qualität, ohne dass wir hier zu technisch werden, die man im Winter einfach nicht mehr in den Leitungen haben darf, weil der Kraftstoff sonst flockt. Also das ist jetzt kein Spaß, was ich erzähle. Die Lkw hatten eine sogenannte Zwei-Tank-Strategie: Der Fahrer ist mit normalen Sprit losgefahren. Als der Motor warm war und die Leitungen waren durchspült, hat er irgendwann den Hebel umgelegt und ist mit diesem Bio-Diesel - Fett-Methylester heißt der, also aus Speiseresten und so weiter - gefahren, musste wieder aussteigen, kurz bevor er das Fahrzeug abstellt, den Hebel wieder umlegen am Tank, damit die Leitungen noch einmal mit normalem Diesel gespült werden. Und anschließend hatten wir dann in der nächsten Innovationsstufe einen Knopf im Auto, dann brauchte er nicht mehr aussteigen. Also wir machen das schon Anfang 2000. Remondis, unsere Schwester, hat das auch im großen Stil in den Fahrzeugen gehabt. Dann gab es Besteuerungsthematiken, was den Bio-Diesel angeht. Er wurde dann auf einmal genauso gesehen wie normaler Diesel. Dann war das irgendwann nicht mehr interessant und es ging dann quasi weiter: 2011 haben wir den ersten Hybrid Mercedes Artego gefahren. Das war tatsächlich das erste Hybrid-Lkw-Fahrzeug der Welt. Das waren 50 Autos und dann hatten wir die Nummer 1 von 50 und haben dann drei Jahre lang den ersten Hybrid-Lkw getestet. Dann hat Rhenus Home Delivery weitergemacht mit dem Fuso eCanter, das waren kleinere Fahrzeuge - eine Mercedes-Tochter aus Japan - ebenfalls über mehrere Jahre. Ja und dann nahm das ganze Fahrt auf. Mittlerweile ist das eine so spannende Zeit geworden. Ich habe jetzt gerade einen jungen Assistenten eingestellt, der bei mir am 1.4. anfängt. Ich habe mit ihm lange gesprochen und gesagt: „Wenn du vor sechs Jahren zu mir gekommen wärst, dann hätten wir über Euro-fünf-Umstellung auf Euro-sechs-Diesel oder solche langweiligen Themen gesprochen. Die Hersteller brauchten uns nicht, um Technik zu entwickeln. Um einen Dieselmotor zu entwickeln, brauche ich keinen Spediteur und keinen Kunden zu befragen. Die haben das einfach getan und wir haben es gekauft, wie es da war. Du kommst in einer Phase, die einfach mega spannend ist." Also was jetzt gerade passiert, wir reden über Gas, über CNG- und LNG-Fahrzeuge und dann die fossile Komponente oder doch Bio. Wo sind die Rohstoffe dafür da, die Ressourcen? Wir haben batterie-elektrische Fahrzeuge mittlerweile im Einsatz und auch ein anderes Hybrid-Modell: Oberleitungsfahrzeug. Wir haben alle möglichen Dinge, die wir ausprobieren. Bei einer holländischen Rhenus-Gesellschaft fahren wir HVO, das ist wieder eine Art von Biodiesel. Also ganz tot ist der Bio-Diesel dann doch nicht.

00:10:16
Gwen Dünner Sie haben den Oberleitungs-Lkw ja bereits erwähnt. Rhenus testet diese Lkw-Art auch schon: also einen Lkw, der sowohl einen Dieselmotor besitzt als auch batterie-elektrisch betrieben werden kann. Auf Teststrecken dockt der Lkw dann wie eine Straßenbahn an der Oberleitung an, die über der Fahrbahn läuft. Aus unserer Recherche haben wir auch bereits erfahren, dass diese Fahrzeuge später einmal keinen Diesel-Antrieb mehr haben sollen, sondern rein elektrisch fahren. Was passiert dann auf Strecken, die nicht durchgängig mit Oberleitungen ausgestattet sind? Also was muss noch getan werden, damit dieses System etabliert werden kann?

00:10:50
Sascha Hähnke: Also erstmal wahnsinnig viel Geld ausgegeben werden, das ist die Grundvoraussetzung.

00:10:53
Gwen Dünner Wie meistens. (lacht)

00:10:55
Sascha Hähnke: Nein, wir sind tatsächlich noch nicht so weit. Es gibt kritische Stimmen zu diesem System. Es gibt Menschen, die sagen: Sowas haben wir schon. Das heißt Eisenbahn und fährt auch auf Schienen. Und wir sind weit weg davon zu sagen, wir wollen das gesamte deutsche Autobahnnetz mit einer Oberleitung versehen, wir als Rhenus. Wir sagen im ersten Moment: Diese Fahrzeuge haben einen Dieselmotor, Stand heute, und einen Elektromotor. Sie haben einen Tank für Diesel und eine Batterie für den Strom. Ja, und wir haben gesagt, wir machen bei diesem Test mit. Es gibt drei Teststrecken. Wir sind auf der A5 dabei, in der Nähe von Darmstadt, Frankfurt. In Lübeck, da oben in der Richtung gibt es die zweite auf der A1, und eine in Baden-Württemberg auf einer Bundesstraße. Wir haben gesagt, wir machen mit, weil wir einfach mal gucken wollen, ob wir während der Fahrt ein solches Fahrzeug geladen bekommen, um dann in einem Ballungszentrum batterie-elektrisch zu fahren, also vor den Toren Frankfurts, vor den Toren Hamburgs. Diese Pläne, die auch in den Medien herumgeistern und die Bundesregierung möchte - wir sind im engen Austausch mit dem Verkehrsministerium - gehen tatsächlich dahin, das Oberleitungsnetz zu erweitern, und zweitens, irgendwann nicht mehr den Diesel darunter durchfahren zu lassen, sondern wirklich batterie-elektrische Fahrzeuge, die über die Oberleitung geladen werden.

00:12:10
Andrea Goretzki: Werden die denn nur über die Oberleitung geladen oder gibt es da beispielsweise auch irgendwelche Ansätze, dass die, wenn es bergab geht, dann auch geladen werden? Geht das?

00:12:21
Sascha Hähnke: Ja, also es gibt verschiedene Arten, wie ich einen Elektromotor lade. Ich kann ihn einfach in eine Steckdose stecken und dann lädt der über Nacht. Dann braucht er nur ziemlich lange. Es gibt schnellere Systeme. Es gibt halt das System über die Oberleitungen. Es gibt auch das Bremsen, das Rückgewinnen von Energie. Ja, tatsächlich, wir haben einen Kollegen - kann ich ruhig nennen - Hein Kerstgens war kürzlich mit seinem Hybrid-BMW in einer Werkstatt und die haben seinen Bremsverschleiß angezweifelt, weil der gar nicht mehr bremst. Also er bremst nicht mehr auf dem Bremspedal und hat deswegen kaum Abnutzung auf den Bremsbelägen, sondern er geht dann tatsächlich vom Gas und durch den Widerstand des Motors - ohne dass wir jetzt zu technisch werden - lädt dann auch die Batterie wieder auf. Es gibt da verschiedene Arten: Der Königsweg ist natürlich, dass es verschiedene Lademöglichkeiten bei dem Auto gibt. Sie haben eben die Frage stellt: „Was passiert eigentlich, wenn er dann eben nicht mehr unter der Oberleitung durchfährt?" Die Batterie-Pakete müssen größer sein, aber Sie haben vollkommen recht, man muss das Fahrzeug ja auch außerhalb der Autobahn und außerhalb der Oberleitung aufladen können, sonst macht das alles keinen Sinn. Aber, ich sage es noch mal, wir wollen erstmal herumtüfteln und sagen: Geht das während der Fahrt? Und kommen wir damit in die Stadt? Ich sehe noch nicht 8.000 Kilometer Oberleitung und wenn, muss es ein europäisches Thema sein, mindestens sämtliche Nachbarländer, ansonsten macht das weder für die Hersteller Sinn, noch für die Anwender in Deutschland.

00:13:46
Andrea Goretzki: Wenn wir dann jetzt mal von den Oberleitungs-Lkw weggehen hin zu den E-Lkw und darüber sprechen: Die Rhenus Gruppe hat seit dem letzten Jahr Europas größte elektrisch betriebene 40-Tonner-Flotte im Einsatz: Wir sind da bisher so die Erfahrungen? Wie schlagen sich die Kandidaten bislang im Praxistest?

00:14:08
Sascha Hähnke: Ja, spannend, das klingt toll - Europas größte Flotte. Wir sind natürlich bei dem Begriff Flotte andere Fahrzeugzahlen gewohnt. Das Spannende bei dem Thema ist, dass es keine großen OEMs, keine großen, etablierten europäischen Hersteller gibt, die diese Fahrzeuge bauen. Was haben wir also getan? Wir wollten trotzdem anfangen. Wir haben Unternehmen gefunden - in der IT-Szene würde man vielleicht Start-up dazu sagen - die machen eigentlich nichts anderes als einen Diesel-Lkw zu kaufen, bauen den Dieselmotor und das Getriebe aus und elektrifizieren die, bauen da einen Elektromotor ein und Batterien. Das sind Kleinunternehmen, die bauen 30, 40, 50 Autos im Jahr. Wir haben zwei Schweizer Hersteller sogar dabei, mit denen wir arbeiten: Die einen nehmen ein Volvo-Fahrzeug auseinander, die anderen einen Iveco. Wir haben zwei Fahrzeuge von DAF VDL, das ist ein holländischer Hersteller, die haben sich sehr schlau mit einem Bus-Hersteller aus Holland zusammengetan. VDL baut seit 20, 30 Jahren Elektrobusse und dann hat der Lkw-Hersteller gesagt: „Hey, lasst uns was zusammen machen." Wir haben den Mercedes e-Actros im Einsatz. Und wenn ich diese ganzen Fahrzeuge vergleichen soll, der Hybrid ist ein Elektro-Lkw, das muss man auch mal so sehen. Wir müssen bei dem Begriff Elektrofahrzeug ein bisschen aufpassen: Ein Wasserstoffbrennstoffzellenauto ist ein Elektroauto und ein batterie-elektrisches Fahrzeug ist ein Elektroauto. Ein Hybrid ist ein Elektroauto. Also wer hat so ein E auch bei den Pkw am Kennzeichen? Wenn wir sagen E, dann denkt immer jeder gleich an so ein batterie-elektrisches Auto, aber auch ein Hybridfahrzeug ist ein Elektroauto. Keines dieser Autos hat sich da irgendwie besonders herausgestellt, weder positiv noch negativ. Das sind Prototypen, selbst der Mercedes e-Actros. Das ist ein Auto, was ich nicht kaufen kann. Das bekomme ich für eine Testphase von Mercedes zur Verfügung gestellt. Diese Fahrzeuge haben Ausfalltage, das muss jedem bewusst sein, und manchmal sogar Ausfallwochen, auch das hatten wir schon. Auch die Kommunikation zwischen der Ladestation und dem Auto: Also wenn das Auto geladen war, fuhr das super, aber die Kommunikation - das war ein technisches, elektronisches Problem - hat dann mal gehakt. Das muss man immer wissen, wenn man solche Tests macht oder wenn man diesen Weg geht, wie wir ihn gehen. Allerdings animieren wir trotzdem sämtliche Kollegen und sagen: „Lasst euch nicht davon abhalten, macht es trotzdem. Macht trotzdem diese Tests mit, wir müssen das tun." Wenn die deutschen oder europäischen OEMs, die Hersteller keine Serienfahrzeuge zur Verfügung haben - oder noch nicht zur Verfügung haben - ist unsere Meinung, dass wir nicht uns einfach drei, vier Jahre zurücklehnen können und in der Zeit nichts tun.

00:16:38
Andrea Goretzki: Wo werden denn die Fahrzeuge derzeit getestet, also wie genau kommen die zum Einsatz? Die eignen sich ja wahrscheinlich auch nicht für jede Strecke, jede Umgebung und jede Ladung?

00:16:49
Sascha Hähnke: Genau, die haben eine ziemlich kleine Reichweite, je nach Batteriegröße. Da gibt es immer so Formeln. Die ersten Hersteller haben wir gefragt: „Was wiegt das Ding denn und was hat das für eine Reichweite, und wie teuer ist das denn?" Da sagt er: „Kommt darauf an."

00:17:06
Gwen Dünner Ja, cool.

00:17:09
Sascha Hähnke: Tatsächlich, viel Reichweite bedeutet große Batterie: dieBatterie ist sehr teuer und hat viel Gewicht. Da muss man gucken, wo man den richtigen Einsatz hat. Wir machen das mit der Contargo zusammen. Uns haben europäische etablierte Hersteller vor zwei Jahren gesagt: „Es gibt keinen Markt für 40-Tonnen-Sattelzugmaschinen, die Reichweite ist viel zu kurz." Die hatten gar nicht berücksichtigt, dass wir auch einen großen Anteil Container-Hinterland-Verkehre haben, nicht nur bei der Contargo und bei der Rhenus, sondern quasi bei jedem Terminal. Und diese Lkw fahren kurze Distanzen, dafür eignet sich zum Beispiel ein batterie-elektrischer Lkw super. Der DAF hat etwas über 100 Kilometer Reichweite, die beiden Schweizer Autos über 200 und wir müssen dann einfach gucken: Wo ist der richtige Einsatz dafür? Aber wir kommen tatsächlich bei den Terminal-Hinterland-Verkehren mit diesen kurzen, relativ kurzen Reichweiten zurecht.

00:18:00
Andrea Goretzki: Ja, das heißt aber auch, dass grundsätzlich für den Einsatz eine entsprechende Infrastruktur vorhanden sein muss, das heißt, ich muss im Prinzip meine Fahrten so planen, dass ich zwischendurch entsprechende Ladezeiten einhalten kann und ich muss auch die Möglichkeit haben, dann tatsächlich vor Ort zu laden?

00:18:17
Sascha Hähnke: Ja, das ist beides spannend, was Sie fragen, das ist der quasi nächste Entwicklungsschritt, den wir jetzt machen. In der Anfangszeit haben wir die Fahrzeuge über Nacht geladen und sind mit dieser Tagesreichweite von 200 Kilometern ausgekommen. Die Disposition bei der Contargo muss darauf achten, dass die Container leicht sind und die nicht ganz so weit fahren, aber: Die stören nicht, die Autos. Was wir von der Contargo hören: Es hat jeder Lust dazu. Ja, es ist spannend, die Fahrer haben Lust, die Dispo. Also nicht nach dem Motto „Ah, schon wieder ein Elektro-Lkw, jetzt muss ich gucken, dass der nicht so weit fährt" oder so: Das ist der erste Schritt. Der zweite ist tatsächlich das Zwischenladen: Wir glauben, dass wir nicht jedes Auto jedes Mal wieder vollladen müssen. Ich will mal ein Beispiel geben: Ich mache das immer an Duisburg fest, wenn so ein Fahrzeug 60 oder 100 Kilometer gefahren ist und ich weiß, wo die nächste Tour hingeht, wie weit das entfernt ist - von mir aus von Duisburg nach Oberhausen oder so. Dann kann ich in der kurzen Zeit, wenn der Fahrer ins Büro geht, seine Papiere holt, vielleicht einen Kaffee trinkt, 20 Minuten laden: Das reicht für diese kurze Distanz, wenn die Ladesäule dann weiß, wo es hingeht. Das heißt, wir brauchen eine IT-Lösung zwischen dem Dispo-Tool und der Ladesäule. Wenn der Fahrer kommt und mit dem Stecker andockt, dann muss die Ladesäule sagen: „Hey, ich weiß, du willst nach Essen. Ich lade dich 27 Minuten, eigentlich nur 20 und die sieben sind schon Reserve für einen Stau oder so." Was ich damit sagen will ist, ich muss nicht jedes Mal mit Wahnsinnsenergie das Auto oder die Batterie vollladen.

00:19:48
Andrea Goretzki: Das heißt aber schlussendlich, es ist durchaus eine praktikable Lösung, die so auch im täglichen Business gefahren werden kann und nicht nur in Testläufen?

00:20:03
Sascha Hähnke: Im Gegenteil, wir wären froh, wenn es bezahlbare Serienautos geben würde. Wir wurden am Anfang so ein bisschen belächelt, auch von Marktbegleitern, von großen Herstellern. Ich glaube, ein großer Lkw-Bauer hat mir mal gesagt: „Ihr arbeitet da mit Bastelbuden zusammen. Die bauen ja nur 30 Autos im Jahr." Da habe ich gesagt: „Ja, aber 30 mehr als ihr!" Das war uns klar, dass wir belächelt werden. Wir haben viele Fragen bekommen, aber das hat sich ganz schnell gedreht. Dann haben sich Kollegen gemeldet und gesagt: „Mensch, erzähl mal was über diese Autos, über diese Hersteller, wie macht ihr das? Gebt mal eure Erfahrungen weiter." Also von diesem ursprünglichen Belächeln sind wir heute weit weg. Diese Fahrzeuge haben eine Berechtigung - jeder alternative Antrieb hat diese, meiner Ansicht nach, wenn man das richtige Einsatzgebiet hat. Und das haben wir Gott sei Dank in der Rhenus Gruppe. Wir können alles abbilden: Diesen Nahverkehr mit schweren Nutzfahrzeugen. Für die Fernstrecke ist so ein Fahrzeug natürlich nicht geeignet. Das sind Distanzen von 400, 500, 600 Kilometern. Da soll irgendwann der Wasserstoff-Lkw kommen. In der Schweiz gibt es Fahrzeuge vom Hersteller  Hyundai. Es gibt auch Firmen, die machen es einfach. Aber wir glauben, dass jeder alternative Antrieb seine Berechtigung hat.

00:21:26
Andrea Goretzki: Wenn wir über E-Lkw sprechen, batteriebetriebene E-Lkw, dann ist klar, die sparen langfristig CO2 ein. Worüber wir dann gegebenenfalls auch mal sprechen sollten: Die sind insofern umweltschonend, als dass sie CO2 einsparen, nichtsdestotrotz sind da ja Batterien darin. Das ist durchaus auch ein Thema, über das man sich mal unterhalten kann. In der Vorbereitung zum Gespräch habe ich ein Zitat vom Präsidenten des Umweltbundesamtes von 1991 gefunden, der damals schon gesagt hat: „Vor einer weiteren Einführung von batteriegetriebenen Elektrofahrzeugen ist deshalb eine umfassende Umweltverträglichkeitsprüfung von der Wiege bis zur Bahre durchzuführen." Die Batterien selbst stellen sowohl in der Herstellung als auch später, wenn sie nicht mehr gebraucht werden, die Unternehmen ja durchaus vor Herausforderungen. Haben wir da einen Plan, eine Meinung zu?

00:22:33
Gwen Dünner Einen Ansatz?

00:22:36
Andrea Goretzki: Einen Ansatz? Genau.

00:22:36
Sascha Hähnke: Ja klar. Also unsere Schwester Remondis hat in Lünen ein Batterie-Recycling-Zentrum. Wir haben also eine Idee - was uns vielleicht von unseren Marktbegleitern unterscheidet, zugegeben durch unsere Schwester - was mit diesen Batterien im zweiten Leben passiert, wie die recycelt werden können. Wenn die Batterien eine Restspeicherkapazität haben, funktionieren sie ja immer noch ein bisschen. Sie sind nach acht Jahren Einsatz nicht einfach kaputt.  Was macht man dann mit diesen Batterien? Wir würden sie als Zwischenpuffer, Speicher einsetzen, und wenn sie komplett zerstört sind, recyceln. Natürlich ist das ein Thema. Die CO2-Ersparnis fällt blöderweise nur da an, wo das Auto fährt. Woanders ist sie entstanden, aber wir fahren immer noch mit Verbrennungsmotoren durch die Gegend. Und mal ganz ehrlich, auch die Schadstoffklassen im Diesel, das muss man genauso vergleichen. Da wo der Euro-sechs-Lkw sauberer fährt, fällt weniger CO2 an. Das Auto ist auch mal hergestellt worden und der Treibstoff wird fossil hergestellt. Aber wir haben tatsächlich durch unsere Schwester Remondis klare Vorstellungen, wie wir später mit den Batterien umgehen.

00:23:49
Gwen Dünner Als Alternative, wie Sie schon sagten, gibt es natürlich auch noch den Verbrennungsmotor. Und klar, als Autofahrer weiß man, ein Verbrennungsmotor wird in irgendeiner Form immer mit Benzin oder Diese oder irgendwelchen fossilen Brennstoffen angetrieben. Aber es gibt da diese neue Entwicklung, die ja auch in allen Zeitungen gepriesen, gefördert und angekündigt wird: der Wasserstoffverbrennungsmotor, beziehungsweise Wasserstoff als alternativer Antrieb. Da gibt es ja auch unterschiedliche Methoden. Wir haben uns da schon erkundigt zu grünem Wasserstoff, grauem Wasserstoff, all diese Sorten. Im Vergleich zum Dieselmotor ist der Elektromotor natürlich  ein sehr guter Antrieb. Aber es gibt die Alternative mit dem Wasserstoff. Was sind da die Vor- und Nachteile im Vergleich zum Diesel-Lkw? Was gibt es da für eine Perspektive? Was passiert da schon?

00:24:46
Sascha Hähnke: Also der Vorteil ist eindeutig die höhere Reichweite gegenüber dem batteriebetriebenen Elektro-Lkw. Remondis hat solche Fahrzeuge sowie unsere Schwester Transdev. Wir tauschen uns innerhalb der Gruppe viel aus. Die Transdev hat, glaube ich, mittlerweile fünf oder sechs Busse in Holland und in Frankreich, die mit Brennstoffzellen-Wasserstoff angetrieben werden, denn Wasserstoff ist ein heiß diskutiertes und komplexes Thema im Moment. Das sind dann Elektrobusse. Die Kollegen von Remondis Holland haben das erste Müllsammelfahrzeug mit Brennstoffzellen-Wasserstoff-Antrieb. Die Kollegen von Remondis Frankfurt sind dabei, Fahrzeuge zu bestellen. Also wir teilen uns das in der Gruppe so ein bisschen auf, wer schwerpunktmäßig welche Antriebe untersucht und testet. Der Vorteil, habe ich gesagt, ist also die Reichweite. Zweitens: Nachteil. Dem Elektromotor ist es nämlich vollkommen egal, wo der Strom herkommt - ob aus einer Brennstoffzelle, aus einer Batterie, aus einem Stecker oder aus einer Oberleitung, der fährt einfach. Allerdings wird das Thema Wasserstoff wieder in verschiedene Schubladen gesteckt. Auf einmal sind generell synthetische Kraftstoffe ein Thema für den Verbrennungsmotor, mit gasförmigem oder flüssigem Wasserstoff. Es ist eine unsägliche Diskussion und wenn wir so weitermachen, dann werden wir diese Fahrzeuge nie auf die Straße kriegen. Ich finde dieses Schweizer-Modell ganz toll, was ein Hersteller mit Spediteuren, Kunden und Tankstellenbetreibern auf die Beine gestellt hat - die sind nicht mal in der EU, die machen das aus Eigenantrieb, unter anderem mit wirtschaftlichen Rahmenbedingungen–: der Plan ist, 1.100, 1.200 Lkw von Hyundai auf die Straße zu bringen. Die ersten sind schon angekommen und sagen einfach: „So machen wir es jetzt: Brennstoffzelle und das ist die Tankstelle." Wenn wir weiter so diskutieren über synthetische Kraftstoffe, über Wasserstoff, dann sind wir irgendwann beim gleichen Problem wie bei den Handysteckern - Sie haben immer das falsche Ladegerät dabei. Was ich damit sagen will, ist: Wir haben nicht Henne und Ei, wir haben dann Hennen und Eier: Wir brauchen dann drei Tankstellen-Infrastrukturen und zwar europaweit flächendeckend. Also: schnelle Einigung auf den Einsatz von Wasserstoff. Ein weiterer Nachteil: Das funktioniert nur, wenn wir das mit grünem Strom produzieren, also den Wasserstoff, die Elektrolyse. Ich habe große Bedenken, wo die ganze Erneuerbare Energie herkommen sollen, damit wir so viel Strom zur Verfügung haben, denn auch die industrielle Nutzung von Wasserstoff wird immer ein größeres Thema. Die Stahlindustrie möchte gerne sehr bald schon Stahl mit Wasserstoff produzieren und so weiter. Das wird aus meiner Sicht ein Gerangel um grünen Wasserstoff geben. Und wenn es ein Gerangel gibt, ist das Produkt meistens teuer. Der Wasserstoff ist jetzt schon teuer. Also das sind so die Nachteile.

00:27:34
Andrea Goretzki: Und wie ist das? Gibt es tatsächlich schon Ansätze, auch hier innerhalb unserer Gruppe, was die Herstellung von Wasserstoff angeht oder die Bereitstellung von Flächen dafür?

00:27:50
Sascha Hähnke: Es gibt ein paar spannende Projekte, allerdings wirklich noch in der Vorbereitung der Projektierungsphase, oben an der Küste bei den Kollegen der Rhenus Ports an Seehafenstandorten. Wir sind gerade bei einer Standortanalyse für eine Modellregion, die wir als Rethmann Gruppe gemeinsam mit den Schwestergesellschaften suchen, wo man den Wasserstoff A) im Verbrauch einsetzen und B) herstellen kann. Da gibt es verschiedene Projekte, wo wir schon fleißig unterwegs sind. Wir machen das zum Beispiel bei dem zweiten Ding, was ich gerade erzählt habe: Die Modellregion ist für die Mobilität vorgesehen. Die Projekte an der Küste sind für die industrielle Anwendung. Da haben wir schon dieses Gerangel, von dem ich eben sprach, dieser Wettbewerb, wer braucht den Wasserstoff eher und wer kann sich das eher leisten?

00:28:49
Gwen Dünner Habe ich das dann richtig herausgehört, wenn Sie sagen es  muss eine Entscheidung geben für diesen einen Antrieb beziehungsweise diese eine Methode, die dann flächendeckend ausgebaut werden kann, dass Sie sich das wünschen? Also ist das Ihre Anforderungen auch an das Verkehrsministerium, an die Entscheidungsträger, dass sich jetzt mal hinter einen Antrieb gestellt wird?

00:29:14
Sascha Hähnke: Ja klar. Vielleicht können wir auch kurz über Gas reden, weil das ein gutes Beispiel ist aus den letzten Jahren: den haben wir gasförmig und flüssig: LNG und CNG. Beides war mal fossil. Es gab keine Tankstellen-Infrastruktur. Wir haben den ersten LNG-Lkw in Duisburg getestet und dann habe ich dem Hersteller gesagt: „Wo soll ich denn tanken? Hier gibt es ja keine Tankstelle." Sagt der: „In Venlo." Da habe ich gesagt: „Ja, ich fahre todsicher nicht Leerkilometer, um alternativen Kraftstoff zu kriegen." Und dann sagte er: „Ja, dann beim Kollegen." Es war ein Spediteur, kann man auch nennen: Havilog, Kühllogistiker, der viel für McDonald's tut und mit dem wir eng zusammen arbeiten. Der hat eine Betriebstankstelle und hat uns dann tanken lassen. Also da muss man schon Kollegen fragen: „Darf ich mal bei dir tanken?“ So fing das mal an. Dann hatten wir 20 Tankstellen in Deutschland, da haben alle gesagt, das ist immer noch zu wenig. Zehn LNG-Lkw-Tankstellen mussten auch aufgebaut werden. Und ich befürchte so ein bisschen, wenn wir bei dem Thema Wasserstoff sind, wenn wir uns da wieder verhaspeln und zwei, drei Lösungen haben, die aber zwei, drei verschiedene Tank-Infrastrukturen bedeuten, dann wird das Ganze wieder nichts. Das werden also wieder kleine Stückzahlen werden. Also, wenn wir mal ernsthaft flächenmäßig Flotten ausrollen wollen, dann müssen wir uns da auf ein, zwei Antriebe einigen für den Nahverkehr, für den mittellangen Fernverkehr und für den echten europäischen Fernverkehr, ansonsten wird das nichts. Wir haben in Köln mittlerweile mit den Kollegen von Remondis zusammen die Möglichkeit, Bio-CNG zu tanken und zwar physisch, nicht über irgend so eine Quote, die ich kaufen kann für Stroh aus Dänemark oder so. Sondern tatsächlich physisch in die Autos rein, dann hast du das Thema fossil weg. Beim LNG, beim flüssigen Gas, ist, so sagen uns die LNG-Kollegen, der nächste Schritt ebenfalls über Bio-LNG nachzudenken. Es geht also auch im Gasbereich weiter, dass man von dem Fossilen wegkommt. Aber wenn wir im Gasbereich zwei Sorten haben, die beide auf Bio umschwenken, CNG und LNG, dann müssen wir das beim Wasserstoff und bei Elektroantrieben genauso haben und dann muss aber gut sein.

00:31:28
Gwen Dünner Sie hörten Logistics People Talk, den Podcast der Rhenus Gruppe. In Teil eins des Interviews mit Sascha Hähnke, Geschäftsführer der Rhenus Transport, haben wir die Themen Elektromobilität im Straßentransport sowie alternative Antriebe für Lkw besprochen. Wir vertiefen die Themen im zweiten Teil unseres Interviews. Bleiben Sie gespannt und hören Sie uns wieder zu. Folgen Sie Rhenus Logistics auf Facebook und LinkedIn. Dankeschön, bis bald und passen Sie auf sich auf. Es grüßen Andrea Goretzki und Gwen Dünner.

Transkript unserer Podcast-Episode 2

00:00:07
Gwen Dünner: Logistics People Talk – Der offizielle Rhenus-Podcast für alle, die in Sachen Logistik up to date bleiben wollen, präsentiert von Andrea Goretzki und Gwen Dünner. Sie hören den zweiten Teil unseres Interviews mit Sascha Hähnke, Geschäftsführer der Rhenus Transport. Das Thema: Elektromobilität und alternative Antriebe im Straßentransport. Im ersten Teil des Interviews haben wir über verschiedene Antriebsarten sowie ihre Vor- und Nachteile gesprochen. Zuletzt gab Sascha Hähnke seine Einschätzung zu den Rahmenbedingungen für die Entwicklung alternativer Antriebe. Als Nächstes sprechen wir darüber, wie Logistiker die unterschiedlichen Antriebe entsprechend ihrer spezifischen Eigenschaften am effizientesten in der Praxis einsetzen können.

00:00:49
Andrea Goretzki: Wenn wir jetzt noch einmal auf die E-Lkw zu sprechen kommen, ist eine Frage, die sich in diesem Zusammenhang auch auftut, die Geräuschemissionen. Die sind wesentlich leiser als ein normaler, herkömmlicher 40-Tonner-Diesel. Wenn der anspringt, dann kriegt man das auf jeden Fall mit. Bei einem E-Lkw ist das ganz anders. Das heißt aber auch, dass es im Straßenverkehr eventuell zu Missverständnissen und Problemen kommen kann, weil man die einfach nicht mehr so hört. Wie sieht es denn da aus?

00:01:20
Sascha Hähnke: Das ist auch ein Thema, das kritisch diskutiert wird. Wir sind keine Fans davon, um die Dinge immer nur negativ zu betrachten. Man muss Lösungen nach vorne finden und es gibt große Vorteile bei der Geräuschlosigkeit. So will ich es mal nennen. Also wenn man darüber nachdenkt, dass man zum Beispiel nachts auch in stark bewohnten Gegenden den Lieferverkehr aufrechterhalten kann, weil man diese Fahrzeuge nicht hört. Man kann das Problem mit der Gefahr im Straßenverkehr mit Sicherheitssystemen lösen. Auch ein ganz wichtiger Punkt, den wir bis heute nicht verstehen, ist, warum nicht schon seit Langem die Bremsassistenten bzw. insbesondere der Abbiegeassistent in den Fahrzeugen serienmäßig verbaut wird. Das müsste so normal sein wie ein ABS oder Airbag in einem Auto. Wir haben im letzten Jahr zu einem Hersteller sehr deutlich gesagt, dass es der falsche Weg ist, wenn ich deine Sicherheitssysteme auf der letzten Seite deines Angebotes finde und zwar zwischen irgendeinem Spoiler und irgendeinem besonderen Sitz und irgendeiner Klimaanlage. Es gibt keine Pflicht vom Gesetzgeber. Die wird irgendwann kommen. Es gibt Übergangslösungen und irgendwann kommt der Bremsassistent. Unserer Meinung nach viel zu langsam. Das müsste schon lange passiert sein. Wenn es schon keine Pflicht vom Gesetzgeber gibt, dann muss das auf Seite eins stehen und dann muss derjenige, der den Lkw bestellt, in den Spiegel gucken können, wenn er diesen für 200.000 Euro wieder herausnimmt. Aber bitte nicht optional auf der letzten Seite unten bei Zusatzausstattung aufführen. Das Ding muss in jedem Angebot enthalten sein und dann muss jeder mit sich selbst klarkommen und sagen: "Wir wählen das raus. Wir haben alle Fahrzeuge für den Fernverkehr der Lkws permanent mit allen Systemen ausgestattet, alles, was zur Verfügung steht." Und da kann man zum Beispiel das Thema Geräusche überall über die Sicherheitstechnik lösen.

00:02:59
Andrea Goretzki: Vielen Dank. Wir haben jetzt über ganz verschiedene Antriebsarten gesprochen, von denen die meisten ja auch tatsächlich bei Unternehmen der Rhenus Gruppe oder unseren Schwesterfirmen im Einsatz sind. Vielleicht können Sie uns noch einmal ein bisschen etwas dazu erzählen. Warum macht Rhenus das eigentlich? Also was ist der Hintergedanke dabei oder das Bestreben, auf so viele Pferde zu setzen, statt sich von vornherein für eins zu entscheiden?

00:03:25
Sascha Hähnke: Weil aus unserer Sicht nicht klar ist, welcher Antrieb sich etablieren wird. Wir glauben, dass es einen bunten Mix der alternativen Antriebe geben wird. Es wird Übergangstechnologien geben. Die werden in sieben, acht Jahren verschwunden sein, die wir jetzt aber auch brauchen. Gas ist zum Beispiel so ein Ding, insbesondere wenn es Biogas ist. Wenn Gas verschwindet, wird sich parallel wahrscheinlich Wasserstoff mit Brennstoffzelle durchsetzen. Und wir wollten von vornherein bei diesen ganzen Innovationen dabei sein. Wir glauben nicht, dass wir nach diesem Green Deal durch Corona einen Aufschwung kriegen. Die Fristen stehen fest und die Ziele sind ziemlich klar. Wobei ich bei Deal immer ein Problem habe, denn Deal heißt eigentlich immer eine Übereinkunft mit allen. Und tatsächlich hat Frau von der Leyen bei uns – bei der Rhenus – nicht angerufen und bei anderen Speditionskollegen auch nicht. Aber wir stehen tatsächlich hinter diesem Deal. Wir haben nichts gegen Ziele, schon gar nicht gegen ambitionierte Ziele. Aber dann müssen auch die Rahmenbedingungen stimmen und die Voraussetzungen geschaffen werden, wie zum Beispiel eine Tankinfrastruktur oder die Einigung darüber, welcher alternative Antrieb für welche Einsatzmöglichkeiten vorgesehen ist. Da das alles unklar ist, wir in großen Teilen auch mit Subunternehmern arbeiten – wobei ich diesen Begriff übrigens überhaupt nicht mag. Das sind für uns Transportpartner. Sie sind Teil unserer Logistikkette, die wir entweder mit eigenen Fahrzeugen machen oder aber mit Partnerfirmen. Das sind in der Regel kleinere Unternehmen, deutlich kleinere als wir es sind. Wir können nicht einfach dieses Risiko auf unsere Transportpartner verlagern. Und wenn keiner weiß, wo die Reise hingeht ... Es gibt einen Wust an Fördertöpfen, da finden wir kaum durch. Jedes Ministerium schüttet da irgendetwas aus und die rechte Hand weiß – und das ist jetzt kein Spaß – nicht, was die linke tut. Das haben wir auch schon ein paar Mal festgestellt. Und dieses Risiko kannst du nicht unseren Partnern überlassen. Da müssen wir in die Vorreiterrolle gehen, wenn es dann so weit ist und der schleichende Übergang vom Dieselmotor kommt. Ich habe neulich gesagt, das ist ein Auslaufmodell und ich bin auch fest davon überzeugt. Es wird kein großer Hersteller mehr viel Geld in die Hand nehmen, um einen Euro-7 zu erfinden. Der ist zwar in der Emission ein bisschen besser als ein Euro-6, aber das wird nicht reichen, um die Klimaziele zu erreichen. Darum müssen wir auf allen Hochzeiten tanzen, um auch gegenüber unseren Kunden, die ja die gleichen Aufgaben haben, die Lösung bieten zu können. Wir wollen bei der industriellen Anwendung oder bei der CO2-Ersparnis in der Produktion, für welche Strecke, für welchen Einsatz, welchen Antrieb wir verwenden. Weiterhin ist das nicht nur ein Lkw-Thema. Wir sind gerade bei der Schifffahrt da dran. Wir denken bei uns in der Binnenschifffahrt über eine Brennstoffzelle nach. Oder ist es schon ein bisschen mehr als nachdenken? Das ist auch eine Projektstudie. Wir wollen auch alternative Antriebe in der Binnenschifffahrt einsetzen. Das Thema kommt ja auch und daher gilt das Gleiche. Da heißen die Subunternehmer Partikuliere, die haben ein oder zwei Schiffe. Auch das können wir ihnen nicht überlassen. Das müssen wir einfach tun, um ihnen dann zu sagen: "Hör mal, so könnt ihr so ein Schiff bauen." oder "Da könnt ihr einen Lkw kriegen mit der Förderung." und wir haben die Erfahrung für die Strecke und für den jeweiligen Einsatz gemacht. Das ist eigentlich unsere Intention. Und zugegebenermaßen wollen wir natürlich einen Zeitvorsprung haben. Wir wollen die Fehler schon gemacht haben. Mittlerweile wissen wir auch, was nicht geht. Das muss man auch mal kritisch herausstellen. Aber wenn es dann losgeht, dann wissen wir sehr sicher, was wir tun – und lesen das nicht in irgendeiner Auto-Zeitung oder verlassen uns nicht darauf, was uns irgendein Verkäufer eines Herstellers erzählt.

00:06:47
Andrea Goretzki: Sie haben es jetzt schon ein bisschen anklingen lassen, wenn Sie sagen: "Wir wissen auch, was nicht geht." Bei all den verschiedenen Antrieben, die wir jetzt diskutiert und besprochen haben, was ist denn für Sie persönlich die Antriebsidee mit dem größten Potenzial für den Lkw der Zukunft?

00:07:05
Sascha Hähnke: Also ich glaube tatsächlich an Wasserstoff und Brennstoffzelle und darüber an den Elektro-Lkw. Allerdings – ich glaube, das habe ich eben schon in einem anderen Zusammenhang gesagt – müssen wir das mit grünem Wasserstoff machen und dafür brauchen wir einfach die Erneuerbaren. Dann muss der bezahlbar sein. Das ist ein Riesenthema. Also heute sind nicht nur die Autos viel zu teuer. Die Elektro-Lkws, die wir haben, sind horrend teuer. Das wird bei den ersten Wasserstoff-Lkws genauso sein, weil die Situation ähnlich ist. Er hat immer noch eine Batterie, aber nur als Puffer, als kleinen Speicher. Aber die Brennstoffzelle kostet dann auch horrendes Geld. Diese Autos werden teuer sein. Der Wasserstoff heute ist furchtbar teuer. Der kostet im Moment 9,50 Euro das Kilo. Daran muss man sich gewöhnen. Ich bin ein Wasserstofffahrzeug gefahren und ich habe selber getankt, denn ich wollte es gerne tanken. Es ist übrigens auch ein Hyundai – kein europäischer Hersteller. Es gibt nur zwei, die solche Autos bauen: Hyundai und Toyota, zumindest als Serienautos. Ich bin das Auto gefahren, habe es getankt und man tankt drei Kilo. Ganz komisch. Aber wenn wir jetzt wieder auf den Lkw zurückkommen: Es gibt im Moment keine 40-Tonner-Wasserstoff – noch nicht. Die Schweizer Fahrzeuge, die Lkws von Hyundai, sind zwar in der schwierigen Klasse, aber nicht bei 40 Tonnen. Wahrscheinlich wird man zehn Kilo für 100 Kilometer brauchen. Die ersten Werte deuten darauf hin. Das heißt, ich bin bei 95 Euro die 100 Kilometer. Ein Diesel-Lkw hat je nach Einsatz und Schwere usw. Kosten von 30 Euro die 100 Kilometer versus 95. Also der Sprit ist zu teuer, Tankstellen gibt es nicht, Autos zu teuer, Autos gibt es noch nicht. Und trotzdem sind wir guter Dinge und sagen, dass sich das irgendwie durchsetzen wird.

00:08:46
Gwen Dünner: Immer positiv bleiben!

00:08:46
Sascha Hähnke: Genau! Und so wie wir bei den batterieelektrischen Lkws belächelt wurden, werden wir wahrscheinlich auch bei den ersten Wasserstofffahrzeugen belächelt. Aber auch da wollen wir vorne dabei sein. Ich glaube daran. Tatsächlich. Im tatsächlichen Autobahn-Fernverkehr. Wir können mit der Batterieelektrik, wie wir es heute tun, in den Containerterminals mit den kurzen Reichweiten wunderbar leben.

00:09:10
Andrea Goretzki: Ja. Wir haben da noch auf jeden Fall eine Menge zu tun und es muss noch einiges geschehen. Nichtsdestotrotz, wenn wir jetzt zu Ihrer persönlichen Vision kommen: Was glauben Sie? Wie sehen die Straßen in zehn Jahren aus?

00:09:23
Sascha Hähnke: Also ganz sicher nicht so wie heute. Wir haben auf den Straßen Pkws und Lkws. Das waren schon immer konträre Themen. Pkws emotional. Und wir haben gesagt, ein Lkw muss nicht schön aussehen. Es muss funktionell sein und es muss eine tolle Technik haben. Aber die Emotionen spielen selbst bei dem Lkw-Fahrer nicht eine so große Rolle wie bei dem Pkw-Fahrer. Heute gibt es kaum richtige, ernsthafte Elektroautos. Wenn Sie sich die Elektrofahrzeuge von heute ansehen, dann sehen die so aus wie die Dieselautos. Das ist ein 5er BMW, das ist ein Smart. Der ist elektrifiziert, aber das Auto ist quasi so, dass kein Motor mehr drinnen ist und im Kofferraum sind Batterien. So muss man sich das vorstellen. Der Einzige, der ein echtes Elektroauto baut, ist Tesla. Die Kanzlerin hat vor ein paar Jahren gesagt, sie hat sich für 2020 gewünscht, dass wir eine Millionen Elektro-Pkws auf den Straße haben. Wir sind jetzt bei 250 000. Das heißt, das Ziel haben wir nicht ganz erreicht. Jetzt kann man das wieder mit der Flasche halb voll und halb leer vergleichen. Warum sind es nur 250 000 und nicht eine Million? Warum sind es doch immerhin 250 000? Das liegt daran, dass das Thema im Pkw-Bereich – zu den Lkws kommen wir gleich – echt emotional ist. Tesla hat keine Kunden, sie haben Fans. Sie haben Massenfans. Ja, so sieht das aus. Ein Tesla kostet 60 000 Euro. Die Lampen sind schief verbaut, es gibt Farbkleckse auf dem Lack, die Spaltmaße der Motorhaube sind schief. So ein Fahrzeug würde bei VW aufgrund der Qualitätskontrolle nicht mal bis zum Autohaus kommen. Und selbst wenn es dort mit einem Blumenstrauß stehen würde, würde es kein deutscher Kunde abnehmen. Die Tesla-Leute leben damit und sagen: "Das werde ich schon neu lackieren." oder "Das ist nicht so schlimm und die Lampe hinten, die wird dann gerade eingebaut." Ich will damit sagen, dass das ein Fan-Club ist und der ist leider begrenzt. Darum sind es 250 000 Autos. Aber wer kauft sich denn wirklich für 60 000 Euro so ein Auto? Tesla hat, was die Antriebstechnik angeht, ein paar Jahre Vorsprung gegenüber den anderen Herstellern. Das machen die super. Aber die bauen echt ein schlechtes Auto. Und das ist auch noch furchtbar teuer. Ich will damit sagen: Die, die so ein Auto fahren, sind fast schon Umweltaktivisten. Renault Twizy ist ein Fahrzeug, welches nur dafür gebaut wurde. Es hat keine Heizung, noch nicht einmal Scheiben. Diese Steckscheiben kriegen Sie bei einem Ausrüster oder so. Das sind echte Elektroautos. Die anderen Fahrzeuge, die wir alle sehen, sind stinknormale Autos, so wie wir sie auch kennen. Wenn kein "E" am Nummernschild wäre, wüssten wir es manchmal gar nicht. Das Bild wird sich ändern. Ich habe ein paar Studien gesehen. Diese Autos werden ganz anders aussehen. Das werden echte Elektroautos werden, die von der Form her auch vollkommen anders sein werden. Das Thema Fan-Club können wir uns bei Lkws nicht leisten. Ein Lkw -Fahrer will kein schlechtes Auto und sagt nicht "Es ist aber Elektro." Er ist kein Umweltaktivist. Er findet alternative Antriebe spannend, aber das Fahrzeug muss trotzdem qualitativ hochwertig und sicher sein. Es muss ein tolles Auto sein. Darum sind unsere Fahrer momentan mit den Lkws, wie wir sie haben, sehr zufrieden, weil das Diesel-Lkws waren. Genau wie ich es gerade über den Pkw erzählt habe. Das waren Dieselfahrzeuge von verschiedenen Herstellern wie Volvo oder Iveco, die elektrifiziert wurden. Das heißt, die Verarbeitung ist ganz toll. Wir wollen einmal abwarten, wann die ersten Hersteller sich mit ihren Fahrzeugen durchsetzen. Nikola in Amerika könnte der Tesla der Lkw-Welt werden. Ich war noch vor Corona bei der Präsentation in Turin und konnte mir das Fahrzeug angucken. Das ist kein Tesla, sondern ein Iveco. Das machen die ganz Schlauen, eine Kooperation. Das heißt, sie haben ein tolles europäisches Fahrzeug und werden Wasserstoff-Brennstoffzelle einsetzen. Das sieht spacig aus: vorne mit blauen Lampen und Spoilern. Es soll ja auch auffallen. An solche Fahrzeuge werden wir uns gewöhnen müssen, solche, die vom Design ganz anders aussehen. Und das wird das Bild komplett verändern. Wir werden ein anderes Verhalten kriegen. Wieder Pkw versus Lkw. Wir werden mit Elektro-Pkws jede Möglichkeit des Ladens nutzen. Das heißt, wenn Sie einkaufen gehen, dann werden Sie kurz den Stecker irgendwo reinstecken. In zehn Jahren. Da bin ich mir ganz sicher. Und wir werden bei den Lkws die End- und Beladezeiten nutzen müssen. Selbst wenn wir wissen, dass wir nur 20 Minuten bei irgendeinem Kunden sind, wird die Infrastruktur sein, dass wir uns irgendwo andocken können, uns irgendwo anstöpseln können. Mit dem Elektro-Lkw müssen wir Wasserstoff eben immer noch an einer Tankstelle nehmen. Also das Bild auf der Straße wird sich ändern. Ich weiß, es heißt laden. Ich sage immer noch tanken. Strom tanken. Wasserstoff tanken. Nicht nur das optische Bild wird sich ändern, sondern auch das Fahrverhalten. Vielleicht braucht man gar kein Tempolimit, denn jeder möchte bei Elektroautos Kapazität sparen. Ich habe noch keinen Tesla auf der Autobahn gesehen, der mit 180 auf der linken Spur fährt. Sie fahren alle 130 und die Klimaanlage ist aus und die Spiegel sind eingeklappt, damit sie möglichst wenig verbrauchen. Aber ernsthaft. Vielleicht hat sich das dann damit auch erledigt, dass das Fahrverhalten in zehn Jahren ein anderes sein wird, wenn alle immer gucken müssen, dass die Reichweiten sehr begrenzt sind. Allerdings muss man auch mal in Stadtgebieten klar sehen. Wenn ich tatsächlich nur in einer Stadt unterwegs bin und ich fahre zweimal im Jahr in Urlaub und habe einen Tesla, dann habe ich kein grünes Auto. Das ist Quatsch. Wenn ich jeden Tag 30 Kilometer fahre, dann brauche ich kein Fahrzeug, welches 800 Kilo Batterien mit sich rumschleppt und eine Reichweite von 400 oder 500 Kilometern hat. Das ist vollkommener Humbug. Vielleicht wird sich die ganze Mobilität ändern. In zehn Jahren noch nicht. Aber man muss mal genau wie wir für die Lkws den entsprechenden Einsatz suchen. Ich muss mich dann fragen, wie viel ich eigentlich fahre. Fahre ich zweimal im Jahr in Urlaub, vielleicht auch nur zum Flughafen und nicht einmal bis an die Nordsee? Und dann ist die Frage: Was brauche ich eigentlich für Batteriepakete? Werden es Module werden? Kann ich einen Golf fahren? Wenn er überhaupt noch Golf heißt. Kleines Batteriepaket oder großes? So stelle ich mir das vor.

00:15:10
Andrea Goretzki: Gestatten Sie mir zum Abschluss noch eine ketzerische Frage?

00:15:15
Sascha Hähnke: Ja, klar.

00:15:15
Andrea Goretzki: Wenn es in zehn Jahren dann eine entsprechende E-Auto-Alternative gibt, Herr Hähnke, steigen Sie dann vom Porsche auf E-Auto um?

00:15:31
Sascha Hähnke: Das höre ich im privaten Kreis immer viel. "Du machst so viel mit alternativen Antrieben in der Firma und privat." Also das ist ein Oldtimer. Das war klar zu sagen. Das ist ein sehr altes Fahrzeug und es hat ein H-Kennzeichen und die Frage beißt sich. Aber ich glaube, dass die Oldtimer-Szene klein ist. Man wird uns ertragen und wir werden nicht großartig stören. Wegen ein paar Oldtimern wird der Regenwald nicht sterben. Aber ja, es ist immer wieder ein Konflikt bei mir. Das stimmt.

00:15:58
Gwen Dünner: Herr Hähnke, vielen Dank für diese Einschätzung. Wir sind echt gespannt, wie es in diesem Bereich weitergeht. Also ich verspreche Ihnen, wenn ich in zehn Jahren auf der Autobahn unterwegs bin, denke ich auf jeden Fall an unser heutiges Gespräch zurück, und frage mich auch schon, was für ein Auto ich dann fahren werde. Gut, also jedenfalls vielen, vielen Dank, dass Sie heute unser Gast waren.

00:16:18
Sascha Hähnke: Ich danke Euch. Es hat großen Spaß gemacht. Das war die erste Runde, wie ich es gelernt habe. Ich kann den Kollegen zurufen, die demnächst dran sind: Hier wird man fair behandelt. Ich hatte zwei Fragen, die mich in einen Konflikt gebracht haben. Die eine war: Wie passt ein Oldtimer zu den alternativen Antrieben? Die zweite war: Bier oder Wein? Da musste ich ein bisschen überlegen und da wurde ich in die Ecke getrieben. Nein, Spaß beiseite. Ich wünsche Euch viel Erfolg mit dieser Geschichte, die wir aufgebaut haben. Ich freue mich auf Kollegen, auf spannende Geschichten. Durch diesen Gemischtwarenladen, der wir sind, habt Ihr tolle Themen vor Euch. Und vielen Dank! Weiterhin viel Erfolg damit!

00:16:58
Gwen Dünner: Wir danken vielmals für die Aufmerksamkeit und bleiben Sie uns gewogen. Schauen Sie gerne auch in unseren Social-Media-Kanälen vorbei. Dort kündigen wir auch immer gerne an, wann der nächste Podcast live geht. Vielen Dank. Bis bald. Passen Sie auf sich auf. Es grüßen Gwen Dünner und Andrea Goretzki.

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