Von Sägespänen, Borkenkäfern und Mehrwerten in der Supply Chain

Während der Coronapandemie ist aus so manchem Deutschen ein echter Heimwerker geworden. Zahlreiche Menschen haben die erzwungene Pause zum Anlass genommen, lange aufgeschobene Bauprojekte von der Küche bis zum Gartenhaus zu realisieren. Ein besonderes beliebter Werkstoff fällt in den vergangenen Monaten jedoch vor allem durch enorm lange Wartezeiten auf: Holz ist – scheinbar – zur regelrechten Mangelware geworden.

Doch Holz ist nicht gleich Holz. Neben dem Fertigholz in Form von Brettern oder Profilen gibt es auch das sogenannte Restholz, aus dem beispielsweise Zellstoff, Papier oder Pellets entstehen. Spediteure und Händler übernehmen in dessen Supply Chain wichtige Aufgaben. Welche Benefits diese Dienstleistungen für Sägewerke und Kunden bedeuten und welche Rolle Nachhaltigkeit sowie die (vermeintliche) Rohstoffkrise spielen, verrät das Interview mit Olaf Mohrmann, Geschäftsführer bei Rhenus Forest Logistics.

 

Ob Handel, Logistik, Lagerung oder Verarbeitung: Bei Ihnen dreht sich alles ums Holz – genauer gesagt um Restholz. Was bedeutet das genau?

Restholz bezeichnet Holzabfälle, die unter anderem bei der Baumfällung im Wald und bei der Verarbeitung im Sägewerk anfallen. In Sägewerken wird sogenanntes Rundholz entrindet und eingeschnitten. Ein Anteil von ca. 60 Prozent geht als Bohle oder Kantholz in Baumärkte oder zum Zimmermann. Die restlichen ca. 40 Prozent sind Holzhackschnitzel und Sägespäne – und das sind genau die Sortimente, die wir bei Rhenus Forest Logistics transportieren und handeln. Zum Beispiel an Kunden aus der Papier-, Holzwerkstoff- oder Energieherstellung. Hier leisten wir als Dienstleister einen wichtigen Beitrag zu einer reibungslosen Supply Chain.

 

Was macht Rhenus Forest Logistics als Dienstleister besonders?

Auf der einen Seite sind wir die größte und einzig überregional tätige Fachspedition für Restholz in Deutschland. Unsere Zentrale liegt in Bielefeld; weitere Standorte sind in Ellwangen, Plaidt, Luxemburg und der Schweiz. Damit decken wir die Bundesländer Hessen, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg sowie die angrenzenden Länder ab. Auf der anderen Seite haben wir auch eine Handelskomponente, wodurch wir selbst als Einkäufer tätig sind und Restholz im Streckengeschäft vertreiben. Es kann also sein, dass wir in einem Sägewerk zweimal am gleichen Tag vorfahren und Ware für denselben Kunden abholen – einmal als Händler und einmal als Spediteur.

 

Welche Vorteile bedeutet diese Zweiteilung für das Sägewerk und dessen Kunden?

Dazu muss man zunächst sagen, dass Restholz ein Massenprodukt ist. Ein Sägewerk mittlerer Größe benötigt jährlich etwa 500.000 Baumstämme – entsprechend hoch fallen die Abfälle bei der Verarbeitung aus. Sammelt es sich stetig weiter an, kann die Produktion beeinträchtigt werden. Unsere Aufgabe ist es daher, die Sägewerke regelmäßig anzufahren. Für die Verantwortlichen ist es im Hinblick auf die Entsorgungssicherheit ein Benefit, mit einem großen Logistiker wie Rhenus zu arbeiten. Wir verfügen über einen eigenen Fuhrpark aus einhundert 40-Tonnen-LKW mit Spezialequipment, auf denen ausschließlich eigene Mitarbeiter zum Einsatz kommen. Wer uns anruft, weiß, dass wir morgen zuverlässig erscheinen. Auf der Kundenseite besteht der Vorteil, dass wir als Handelsunternehmen Lücken bei der Versorgung auffüllen können und temporäre sowie saisonale Schwankungen ausgleichen.

 

Wie schaffen Sie es, diese Schwankungen bei gleichzeitigem Rohstoffmangel auszugleichen?

Unser Hauptanspruch ist es, Rohstoffmengen punktgenau anzuliefern, „just in time“, gemäß den Vorgaben unserer Kunden. Hier sind Pellets ein gutes Beispiel: Holzpellets aus Restholz werden seit einigen Jahren als Brennstoff immer beliebter. Entsprechend steigt die Nachfrage im Herbst und Winter massiv. Zugleich ist das aber die Zeit, in der die Sägewerke etwas weniger produzieren. Indem wir frühzeitig eine Bedarfsplanung mit den Kunden erstellen und die Herkunft des Materials klären, können wir die Nachfrage-Angebots-Schere umgehen. Sollte dennoch nicht genug Nachschub vorhanden sein, kann auch eine überregionale Verteilung erfolgen – z.B. über die Binnenschifffahrt, die wir bedarfsgerecht nutzen. Auch bei überschüssigen Holzmengen kümmern wir uns um einen überregionalen Ausgleich. Grundsätzlich ist es jedoch unser Anspruch, das Holz in einem Umkreis von nur 200 Kilometern auszuliefern; „aus der Region – für die Region“. Denn unser Fokus liegt auf regionalen Sägewerken und Wäldern sowie auf einem verantwortungsvollen Umgang – alles im Rahmen einer nachhaltigen Forstwirtschaft.

 

Stichwort „Nachhaltigkeit“: Wie setzen Sie dieses Thema als Logistikdienstleister um?

Schaut man auf die weltweite Holzindustrie, gibt es immer noch zu viele Waldflächen, die zum Beispiel in Brasilien komplett gerodet werden; Stichwort: Tropenholz. Zertifizierungsprogramme wie das Programme for the Endorsement of Forest Certification Schemes (PEFC) und der Forest Stewardship Council (FSC) wollen genau das verhindern. Sie machen eine Bestandsaufnahme bei den Waldbesitzern – das können Kommunen, Bundesländer und private Waldbesitzer sein. Diese dürfen ausschließlich den jährlichen Zuwachs entnehmen und müssen für die Aufforstung sorgen. Dafür erhalten sie eine entsprechende Zertifizierung, die dem Endverbraucher signalisiert, dass er kein Tropenholz oder Holz aus Kahlschlagwäldern erwirbt. Es muss eine durchgängige Chain of Custody vorhanden sein: eine nachhaltige Wirtschaft vom Waldbesitzer über das Einschlagsunternehmen und das Sägewerk bis hin zum Restholzhändler und zum finalen Verbraucher. Diesen Anspruch haben auch wir als Logistiker heutzutage zu erfüllen.

 

Man hört immer wieder von einer Rohstoffkrise. Warum ist Holz zur Mangelware geworden?

Hier müssen wir klar unterscheiden: Nicht das Holz selbst, sondern das Schnittholz ist rar geworden. Das liegt natürlich zum Teil an der Coronapandemie, deren Einschränkungen durch Kurzarbeit und Produktionsausfälle zu Engpässen geführt haben. Viel stärker betroffen hat uns jedoch die Borkenkäferplage im Jahr 2020. Wir hatten mehrere sehr trockene Sommer hintereinander. Die hohen Temperaturen und die niedrigen Niederschlagsmengen haben die Bäume ohnehin stark geschwächt. Zudem haben sie günstige Bedingungen für die milliardenfache Vermehrung der Borkenkäfer geschaffen. Der Befall hat vor allem Tannen und Fichten, unseren in Deutschland am häufigsten verarbeiteten Baumarten, zugesetzt. Das Ergebnis: Die Bäume sterben ab und fallen irgendwann um.

 

Wie hat sich diese Situation auf Ihr Geschäft ausgewirkt?

Die befallenen Bäume mussten gefällt werden. Wir sprechen hier von riesigen Waldflächen von 50 bis 60 Jahre alten Baumbeständen, an denen erstmal nichts mehr nachwachsen wird. Das Holz ist zum Glück immer noch gut genug, um es weiterzuverarbeiten. Daher haben wir eine regelrechte Schwemme auf dem Markt. Gleichzeitig ist die Nachfrage nach Holzprodukten in China und den USA massiv gestiegen. Das klingt eigentlich nach einer Win-win-Situation für die Sägewerke, die Rohstoff günstig einkaufen und Schnittholz zu höheren Preisen verkaufen können. Der Bedarf ist allerdings so groß, dass er nicht gestillt werden kann. Nachdem auch die Nachfrage auf dem deutschen Binnenmarkt gestiegen ist, haben wir derzeit lange Produktions- und Wartezeiten für den Endverbraucher. Geht die Ware wiederum ins Ausland, behindern Containerknappheit und -staus den reibungslosen Ablauf der Lieferketten.

 

Wie sieht Ihre Prognose hinsichtlich der kurz- bis mittelfristigen Marktentwicklung aus?

Wir merken gerade, dass sich die Nachfrage langsam, aber sicher dem tatsächlichen Angebot annähert. Die Konjunktur erholt sich in den Ländern; auch unsere neue Bundesregierung wird massiv in Themen wie Energieeffizienz investieren. Gleichzeitig wird Holz aufgrund seiner wohnlichen Eigenschaften als Baustoff immer beliebter. Neuere Bauweisen wie der Holzständerbau sind gefragt. Daher sehen wir dem Markt positiv entgegen. Klar ist aber auch: Die Borkenkäferplage hat die Holzbestände in Deutschland massiv geschädigt. Neue Warenströme werden sich ergeben – welche genau, werden wir gemeinsam mit unseren Kunden evaluieren. Fest aber steht: Holz bleibt ein spannender Werkstoff.

 

Über Rhenus Forest Logistics:

Rhenus Forest Logistics umfasst logistische Dienstleistungen rund um den Rohstoff Holz. Dazu zählen Handel, Logistik, Lagerung und Verarbeitung von Nebenprodukten aus Sägewerken wie Sägespäne oder Hackschnitzel sowie Recycling-, Energie- oder Industrieholz direkt aus dem Wald. Damit versorgt der Logistikdienstleister viele langjährige Kunden aus der Papier-, Holzwerkstoff-, Energie- und Erdenherstellung.

 

Sie wünschen weitere Informationen?

Sie suchen nach einem Partner für Holz? Hier finden Sie viele interessante Informationen zu den Dienstleistungen der Rhenus Forest Logistics.

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