Die Bedeutung, die Vielfalt kultureller Einflüsse und die Schönheit Lissabons kommen nicht von ungefähr. So profitiert die Stadt von ihrer privilegierten Lage an der Mündung des schiffbaren Flusses Tejo – dem längsten des Landes – in den Atlantischen Ozean. Die Hafenstadt avancierte einst zum Zentrum der Seemacht Portugal. Auch heute noch hat der Hafen als Knotenpunkt im maritimen Güterverkehr zwischen Europa, Afrika, Amerika und Fernost eine große Bedeutung für das Land. Ein eigener Flughafen und gute Straßenverbindungen zu wichtigen Wirtschaftsregionen machen Lissabon auch zu einem logistisch attraktiven Standort.
Der heutige Praça do Comércio ist ein guter Ausgangspunkt, um Portugals Hauptstadt näher zu erkunden. Einst befand sich hier, unmittelbar am Hafen gelegen, das Palastgelände (Terreiro do Paço). 200 Jahre lang war es Residenz der portugiesische Könige und gleichsam Dreh- und Angelpunkt der Handelsbeziehungen mit den portugiesischen Kolonien.
Ein massives Erdbeben, gefolgt von Großbränden und Flutwellen, zerstörte Mitte des 18. Jahrhunderts jedoch große Teile des Zentrums der Stadt, darunter auch das Schlossterrain. Nach Plänen des Marquês von Pombal wurde der quadratische Platz wiederaufgebaut. Heute ist dieser nun unter dem Namen „Praça do Comércio” („Platz des Handels“) bekannt und von drei Seiten mit eleganten Arkaden umsäumt. Eine bronzene Statue von Joseph I., ehemaliger König von Portugal, ziert den Praça.
Tipp: Im Lisboa Story Center ganz in der Nähe des Praça do Comercio kann man bei einer Multimedia-Show die Geschichte der Stadt hautnah miterleben. Die Zeitreise geht von der Eroberung durch die Römern und später die Mauren über die Unabhängigkeit von Spanien sowie die Ausrufung der Republik bis heute.
Verlässt man den Praça do Comércio durch den prächtigen Triumphbogen kann man über die Rua Augusta, Lissabons längste Fußgängerzone, spazieren und das Stadtviertel Baixa erkunden. Hier befindet sich der gusseiserne Aufzug Elevador de Santa Justa, der von einem Schüler Gustave Eiffels erbaut wurde. Der neugotische, 45 Meter hohe Turm ist nicht nur von außen ein Hingucker. An der Spitze befindet sich eine Terrasse samt Aussichtsplattform und Café.
Westlich von der Unterstadt Baixa liegt mit Chiado und Bairro Alto die Oberstadt. Das hügelige Gassenlabyrinth Bairro Alto lockt mit vielen Bars zum Ausgehen, ist aber zugleich auch Wohnviertel. Keine Sorge! Die Standseilbahnen und der stählerne Aufzug erleichtern es, sich zwischen Ober- und Unterstadt zu bewegen.
Das Stadtgebiet erstreckt sich über sieben Hügel. Wer nicht zu Fuß laufen möchte, wählt eine der drei Standseilbahnen oder den Aufzug. Die Standseilbahnen, auch Ascensores oder Elevadores genannt, wurden ursprünglich mit Wasserballast betrieben, später mit Dampfmaschinen und schließlich elektrisch. Ein hübsches Fotomotiv bietet die Gasse, in der die Standseilbahn da Bica nahe des Hafens bis ins Bairro Alto führt. Wer Graffitis mag, fährt mit dem Elevador da Glória.
Wer sich mit den öffentlichen Verkehrsmitteln durch Lissabon bewegt, stößt bisweilen auf die gelb-weiß leuchtende Nostalgie-Tram 28, die vom Praça Martim Moniz durch die Altbauviertel Graça und Alfama bis zum Bairro Alto führt. Eine Mitfahrt ist nicht nur kostengünstig mit dem Nahverkehrsticket möglich, sondern die Strecke führt auch entlang zahlreicher Sehenswürdigkeiten der Stadt, etwa dem Parlament, der Altstadt sowie der Burg und passiert viele schöne historische Viertel und Wohngegenden – etwas auch Alfama.
In der Zeit der Mauren war Alfama Lissabons Stadtzentrum. In dessen Herzen thront das Castelo de São Jorge und bietet eine spektakuläre Aussicht. Der Standort der Mittelalterburg gilt als Gründungsstätte Lissabons. Die ältesten Relikte stammen aus der maurischen Zeit. Der später hinzugefügte Alcáçovas-Palast diente bis ins 16. Jahrhundert als Königsresidenz. 1938 wurde die Anlage mit zehn Türmen umfangreich restauriert. Innerhalb der alten Festung lohnt sich zudem ein Spaziergang durch das malerische Viertel Santa Cruz do Castelo.
Ebenfalls im Alfama-Viertel befindet sich die Kathedrale Sé. Einst stand hier eine Moschee. Der heutige romanische Bau mit mehreren Architekturstilen ist eine Rekonstruktion. Sowohl im Castelo als auch in der Kathedrale finden viele archäologische Ausgrabungen statt. Mit Erfolg: Grabungen unterhalb des Kreuzgangs brachten bereits Relikte von Mauren, Goten, Römern und Phöniziern zu Tage.
Ein weiteres architektonisches Highlight ist zweifelsohne der Wehrturm Torre de Belém – ein herausragendes Bauwerk der Manuelik – ein Baustil, der sich nur im portugiesischen Königreich des 16. Jahrhunderts manifestierte und eine Mischung aus Gotik- und Renaissancestil, inspiriert durch die Reisen der Seefahrer, darstellt.
In der Nähe des Turms von Belém befindet sich das Kloster Mosteiro dos Jerónimos. Das reich verzierte Bauwerk ist Denkmal der portugiesischen Gebietserweiterungen und beherbergt die Grabmäler von Vasco da Gama, des Königs Sebastião und des bedeutenden Dichters Luís de Camões. Prächtige Gewölbe, Skulpturen, emporragende Säulen sowie aufwendige Stuck- und Steinmetzarbeiten machen das Kloster zu einer der meistbesuchten Sehenswürdigkeiten der Stadt.
Auch Kunst- und Keramikliebhaber kommen in Lissabon auf ihre Kosten – besonders im Mai während der Museumstage inklusive Museumsnacht, in der viele Ausstellungen und Konzerte veranstaltet werden. Zu den Kunst-Highlights gehört Portugals Nationalgalerie für alte Kunst, das Museu National de Arte Antiga, in dem sich zahlreiche europäische Kunstschätze vom 14. bis zum 19. Jahrhundert und die weltweit größte Sammlung portugiesischer Exponate befinden.
Das Museu Nacional do Azulejo liegt innerhalb eines Frauenklosters und gibt Einblick in die Vielfalt der Keramikfliesen, die auch viele Gebäude in Lissabon schmücken. Mit einer Sammlung aus über 4.000 Jahren Kunstgeschichte zählt zudem das Museu Calouste Gulbenkian zu den Kunststätten von internationalem Ruf.
Tipp: Das 2009 gegründete Zentrum für zeitgenössische Kunst Galeria Carpe Diem Arte e Pesquisa (CDAP) befindet sich im Pombal-Palast aus dem 17. Jahrhundert. Neben Ausstellungen mit nationalen und internationalen Künstlern fördert das CDAP Konferenzen, Künstlergespräche, Führungen und vieles mehr.
Im Parque das Nações, dem Park der Nationen, feierte Lissabon anlässlich der Expo 98 den 500. Jahrestag von Vasco da Gamas Reise nach Indien. Neben zeitgenössischer Architektur präsentiert das Stadtviertel auch eines der weltweit größten Aquarien sowie ein interaktives Wissenschaftsmuseum.
Interaktiv geht es ebenfalls in der Ausstellung Experiência Pilar 7 zu, die die Erkundung der Brücke Ponte 25 de Abril ermöglicht. Der 3,2 Kilometer lange Brückenzug führt über den Tejo-Fluss und verbindet den Lissabonner Stadtteil Alcântara mit dem Vorort Almada. Neben einem Rundgang der Außenbereiche um den Stützpfeiler 7 wird die Geschichte der Brückenerbauung spannend erzählt – samt Virtual-Reality-Erlebnis. Eine Aussichtsplattform bietet zudem einen alternativen Blick auf Stadt und Fluss.
Tipp: Etwas außerhalb des Zentrums befindet sich ein beliebter Lost Place der Großstadt und zugleich einer der schönsten Aussichtspunkte, das Panorâmico de Monsanto. Das Gebäude zählt heute unzählige Graffitis und wurde in den 1960er-Jahren auf Basis eines Grundentwurfs aus den 1930er-Jahren realisiert. Es beherbergte einst ein Gourmetrestaurant, eine Caféterrasse, einen Bankettsaal sowie einen Pavillon.
„Wer mehr Zeit für seinen Besuch in Lissabon mitbringt, dem empfehle ich das UNESCO-Welterbe Sintra und die Küstenorte Guincho und Cascais“, rät Frederico de Beck.
Rund eine Zugstunde außerhalb Lissabons befindet sich Sintra, über viele Jahrhunderte die Sommerresidenz der portugiesischen Könige. Aufgrund der Berglage ist das Klima im Vergleich zur Hauptstadt etwas kühler, die Landschaft grün. Prächtige Paläste, Chalets und eine restaurierte Burg sowie die malerische Altstadt laden zum Verweilen ein.
Der Strand Praia do Guincho ist bei Surfer*innen und Sportler*innen beliebt, hier kann man sich die frische Meeresbrise um die Nase wehen lassen. Auf der Zufahrt zur Ortschaft befinden sich exzellente Restaurants. Cascais lockt mit seinem Strand, kleinen Geschäften, Restaurants und einem Yachthafen mit mehreren hundert Liegeplätzen.
Nicht nur mit seinem Charme und den vielen Sehenswürdigkeiten punktet Lissabon. Auch für lukullische Genüsse ist die Metropole eine empfehlenswerte Anlaufstelle. Außenstehende mag die Liebe zum importierten Stockfisch Bacalhau zunächst vielleicht etwas verwundern, doch die hunderte oder sogar tausende Rezepte, die, wie es heißt, mit viel Herzblut und Geschmack kredenzt werden, lassen dem Fisch-Gourmet das Wasser im Munde zusammenlaufen. Mit der Liebe zum Bacalhau kann eigentlich nur die Zuneigung zur Sardine konkurrieren.
Tipp: Probieren Sie gegrillten Fisch in einem der Restaurants am Meer und unternehmen Sie einen Spaziergang am Flussufer von Alcântara nach Belém.
Für Kaffeetrinker*innen ein Genuss – der Galão zum Frühstück. Man nehme: etwa ein Viertel Kaffee und drei Viertel aufgeschäumte Milch – fertig ist die portugiesische Espresso-Variante, die traditionell im Glas serviert wird.
Den süßlichen Sauerkirschlikör findet man in fast jeder Bar oder Kneipe. Kein Wunder, stammt er doch ursprünglich aus der in Lissabon beheimateten Stehbar „A Ginjinha“. Aber aufgepasst! Der portugiesische Likör, der unter den Namen Ginja und Ginjinha bekannt ist, hat es mit bis zu 20 Prozent Alkohol in sich. Serviert wird er im Schnapsglas mit oder ohne eingelegter Kirsche.
Namensträger dieses köstlichen Venusmuschel-Gerichts mit Olivenöl und Knoblauch ist der Dichter und Gastronom Raymundo António de Bulhão Pato. Sein Bewunderer, der damalige Küchenchef im Hotel Central in Lissabon, bereitete es erstmalig zu und ehrte Bulhão Pato, nach dem er es benannte. Einfach und schnell zubereitet findet sich das Rezept noch heute auf vielen Speisekarten und ist als Vorspeise beliebt.
Mitte Juni, wenn die Feierlichkeiten rund um den Heiligen Antonius ihren Höhepunkt erreichen, wird in Lissabon nicht nur in den Straßen ausgelassen gefeiert, sondern allerorts werden Sardinen gegrillt. Denn als Antonius im 13. Jahrhundert nach Lissabon pilgerte, wollten die Bewohner*innen seine Predigten nicht hören. So verkündete er seine Botschaften kurzerhand den Fischen. Ein Ereignis, an das das Straßenfest erinnert. Mehr noch, in Lissabon wird sogar alljährlich ein Sardinen-Wettkampf ausgerichtet, bei dem die kreativsten Sardinen-Designs prämiert werden.
Der Heilige Antonius hilft dem Volksglauben nach nicht nur beim Wiederauffinden verlorener Gegenstände, sondern ist auch Patron der Liebenden. Basilikum steht in Portugal für die Liebe und wird im Juni, dem Monat, der im Land den Volksheiligen gewidmet ist, gern samt Liebesvers und Papiernelke verschenkt.
Der berühmteste Musikstil Lissabons ist zweifelsohne Fado. Unglückliche Liebe, soziale Missstände und die Sehnsucht nach besseren Zeiten drücken sich in vielen Werken aus. Der melancholische Klang zeigt sich wohl auch im Namen, denn Fado leitet sich wahrscheinlich vom lateinischen Wort Fatum – Schicksal – ab. Trotz aller Schwermut: Wer Lissabon besucht, sollte es keinesfalls versäumen, den Klängen der Fado-Sänger*innen und der mandolinenförmigen Gitarre zu lauschen. Hier kommen unsere Empfehlungen, wo Sie Fado-Musik am besten genießen können.
Wehmut, Nostalgie, Vermissen, Sehnsucht, Heimweh, Melancholie, Fernweh, Einsamkeit – „Saudade“ ist einer jener Begriffe, für die es keine wörtliche Übersetzung gibt. Ein Wort, das eine Emotion und ein Lebensgefühl von Weltschmerz ausdrückt, ein Gefühl der Anwesenheit von Abwesenheit. Besonders gut lässt sich „Saudade“ im Fado erspüren.
Der Tag neigt sich dem Ende zu und Sie haben noch Energie? Dann tauchen Sie ein ins Nachtleben von Lissabon. Die Rua Nova do Carvalho, auch als „Pink Street“ bekannt, war einst eine verruchte Gegend und ist heute eine der angesagtesten Straßen der Stadt. Sie befindet sich im Viertel Cais do Sodré, in unmittelbarer Nähe zum historischen Markt Mercado da Ribeira. Alteingesessene Clubs und trendige Bars in Flussnähe finden sich hier zuhauf. Wir empfehlen:
Unsere Autorin Astrid besuchte Lissabon vor rund fünf Jahren. In Erinnerung geblieben sind ihr neben köstlichen Fischgerichten, Fado-Musik und den Seilbahnen auch die vielen bunten Graffiti. Die Empfehlungen ihrer Gesprächspartner*innen von Grupo Totalmédia haben die Lust auf einen Wiederbesuch geweckt.
1 | Vgl. Statista https://de.statista.com/statistik/daten/studie/940188/umfrage/groesste-staedte-in-portugal/, abgerufen am 03.03.2023
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