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Trends & Innovationen

Wie man die Zollabfertigung vereinfacht

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Open-Source-Lösungen und Blockchain-Technologie schaffen standardisierte Lösungen für die Zollabfertigung an den Grenzen.

Bei der Ein- und Ausfuhr von Waren sind einige legale und formale Aspekte zu beachten, wie z. B. die Erstellung der richtigen Formulare für die Zollabfertigung. Wichtige Dokumente sind zum Beispiel Ausfuhrbegleitdokumente und die Einfuhranmeldung. Allerdings haben einzelne Länder häufig eigene Anforderungen an die Datensätze – und die Abfertigungsverfahren sind noch nicht überall digitalisiert worden. So kommt es oft zu Verzögerungen. Die Open Logistics Foundation hat eine blockchainbasierte Lösung entwickelt, mit der Zollanmeldungen einfach, sicher und schnell abgewickelt werden können, auch über Ländergrenzen hinweg.

Vor einigen Jahren führte die Welthandelsorganisation (WTO) zusammen mit der Weltzollorganisation (WCO) eine Studie durch, um herauszufinden, welche Rolle die modernen Technologien im grenzüberschreitenden Handel spielen. Eine der wichtigsten Erkenntnisse war, dass die Zollbehörden bereits mit verschiedenen Technologien arbeiten. Die Vorteile des Einsatzes von Big Data, Datenanalyse und künstlicher Intelligenz liegen vor allem im Risikomanagement, in der Betrugserkennung und in der Gewährleistung einer besseren Compliance. Es ist aber nach wie vor notwendig, eine optimierte Datenstrategie zu entwickeln, um eine bessere Datenverwaltung und -qualität zu gewährleisten. Eine Lösung für dieses Problem bietet die Blockchain-Technologie.

Blockchain bietet unveränderliche Sicherheit. Vereinfacht ausgedrückt: Sobald Daten oder Dokumente in einer Blockchain gespeichert sind, können sie nicht mehr manipuliert werden. Das stärkt das Vertrauen innerhalb der gesamten Lieferkette, vor allem aber auch bei den Behörden. Für die Logistik besteht einer der großen Vorteile darin, dass ein größeres Vertrauen gleichzeitig auch weniger Eingriffe der Behörden und einen leichteren Datenaustausch zwischen den Logistikdienstleistern bedeutet.

Was ist Blockchain?

Blockchain ist eine technische Lösung, um Daten in einer verteilten Infrastruktur ohne zentrale Instanz nachvollziehbar und manipulationssicher im Konsens zu verwalten. Mit Blockchain ist es möglich, Transaktionen (zum Beispiel im Zahlungsverkehr mit Kryptowährungen) ohne zentrale Instanz vertrauensvoll und transparent zu verifizieren1.

Blockchain-Technologie: sicher, einfach und zeitsparend

Weltweit nutzen bereits viele Zollbehörden die Blockchain-Technologie oder planen, dies innerhalb der nächsten drei Jahre zu tun. Lediglich Argentinien und Uruguay haben diese Technologie schon in vollem Umfang eingesetzt, andere Länder haben nur einzelne Projekte durchgeführt. Das zeigt das Interesse an einer stärkeren Nutzung und das Vertrauen in die Vorteile, die Blockchain den Zollbehörden beim Erreichen ihrer Ziele und der Unterstützung des grenzüberschreitenden Handels bringen kann. Die Haupthindernisse für die vollständige Einführung der Blockchain sind bestehende Gesetze, Systeme, Kosten und standardisierte Datensätze, da es äußerst kompliziert ist, sich in einer Vielzahl von unterschiedlichen Ländern auf gemeinsame Daten zu einigen. „Derzeit ist es sehr schwer vorstellbar, dass eine Blockchain-Lösung in mehr als einem Land angenommen wird“, berichtet Michael Douglas, Experte für zolltechnologische Dienstleistungen bei ALS Customs Services und der Open Logistics Foundation. Bei richtiger Umsetzung könnte die Blockchain-Technologie die Zollabfertigungszeiten jedoch auf ein Drittel der bisherigen Dauer reduzieren.

Die wenigen bereits existierenden Blockchain-Lösungen für die Zollabwicklung sind mit Kosten für Reedereien verbunden, da die Regierungen diese Lösungen in der Regel gemeinsam mit kommerziellen Frachtanbietern umsetzen. Das bedeutet, dass ein Unternehmen, welches Waren in ein anderes Land versenden will, seine Zolldokumente in eine Blockchain einspeisen muss, die nur auf die Bedürfnisse dieses Frachtunternehmens oder dieser einen Regierung zugeschnitten ist. Das sonst übliche Verfahren ist nach wie vor das Mitführen von Zolldokumenten – entweder in elektronischer oder gedruckter Form. Dabei kommt es teilweise vor, dass ein Land für eine bestimmte Information einen fünfstelligen Buchstabencode verlangt, während ein anderes Land für dieselbe Information in seinen Zolldokumenten eine neunstellige Ziffernfolge vorlegen muss. Dadurch verlängert sich zwangsläufig der Prozess des Dokumentenabgleichs, was die Zollabfertigung unnötigerweise verkompliziert, während gleichzeitig die Manipulation von Zolldokumenten erleichtert wird. Die meisten Zollbetrügereien entstehen durch die Änderung einer winzigen Information, wie z. B. des Gewichts der Waren, des Wertes oder des Ursprungslandes - als Versuch, die Einfuhrzölle zu reduzieren. Da die Daten auf der Blockchain unveränderlich sind, kann ihr Einsatz dazu beitragen, die Abwicklung von Zollformalitäten zu beschleunigen und gleichzeitig Betrugsversuche zu unterbinden.

Open Source und die Open Logistics Foundation

Das bedeutet jedoch nicht, dass alle Daten, die mit den zu verzollenden Waren verbunden sind, in einer Blockchain gespeichert werden müssen. Vor einigen Jahren hat ein Pilotprojekt zwischen den britischen und australischen Zollbehörden gezeigt, dass nur einige wenige Datenfelder des Blockchain-Codes wichtig sind, um Verzögerungen an den Grenzen zu verringern. Entgegen der weit verbreiteten Annahme, dass eine umfassende und komplexe Blockchain erforderlich ist, kann eine erfolgreiche Zollabfertigung auch mit einem sehr kleinen Datensatz erreicht werden. So kam die Open Logistics Foundation auf die Idee, einen reduzierten Datensatz in der Blockchain zu entwickeln, um die Zollaktivitäten zu vereinfachen und zu beschleunigen.

Die Open Logistics Foundation ist ein neutraler und gemeinnütziger Zusammenschluss von verschiedenen Logistikdienstleistern, die sich gemeinsam zum Ziel gesetzt haben, Open-Source-Lösungen zu entwickeln und damit logistische Probleme entlang der Lieferkette zu entschärfen. Als eines ihrer Projekte hat die Organisation Open Customs Blockchain ins Leben gerufen, mit dem Ziel, Open-Source-Lösungen bereitzustellen und so die Zollprozesse zu digitalisieren. So werden die Verzögerungen und Eingriffe reduziert, die Zollprozesse an den Grenzen oft verursachen.

Die Goods Passport ID

„Unsere Philosophie ist das Streben nach Fortschritt, nicht nach Perfektion. Deswegen haben wir einen Schlüsseldatensatz entwickelt, der eine eindeutige Goods Passport ID für einen Verkäufer und die dazugehörige spezifische Rechnungsnummer erzeugt“, erklärt Michael Douglas. Diese Goods Passport ID (GPID) ist die Blockchain-Identifikationsnummer für den Schlüsseldatensatz einer bestimmten Rechnung. Mit dieser Goods Passport ID kann der zugehörige Schlüsseldatensatz auf der Blockchain gefunden und abgerufen werden. Wie ein Reisepass enthält er grundlegende Zollinformationen, die in verschiedenen Phasen eines Export- oder Importprozesses benötigt werden und die von mehreren Beteiligten (z. B. Zollbehörden, Spediteure, Käufer, Verkäufer) wiederholt benötigt werden, wie z. B. den Wert, das Ursprungsland und die Beschreibung der Waren. Wenn sich Angaben in der Blockchain als falsch erweisen, kann dies nur daran liegen, dass sie ursprünglich falsch eingegeben oder generiert worden sind. Nachträgliche Änderungen in der Goods Passport ID sind nicht möglich.

Die Goods Passport ID mit ihren unveränderlichen und nicht manipulierbaren Daten bleibt sowohl bei der Ausfuhr als auch bei der Einfuhr der Waren identisch und bietet damit ein deutlich höheres Maß an Sicherheit.
Michael Douglas | Experte für zolltechnische Leistungen bei ALS Customs Services und Open Logistics Foundation

Die Vorteile der Goods Passport ID im Zollwesen

Das übergeordnete Ziel der Verwendung einer auf Open-Source-Software basierenden Goods Passport ID sind die Vereinfachung des Datenaustauschs und die Erhöhung der Transparenz in grenzüberschreitenden Lieferketten. Gleichzeitig wird der Einsatz von Open-Source-Software dazu beitragen, das Risiko von Betrug, Zollhinterziehung und Unterbewertung zu verringern und möglicherweise auch Verzögerungen an den Grenzen, zum Beispiel zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich nach dem Brexit, zu vermindern.

Die Verwendung von Open-Source-Software ermöglicht es allen Beteiligten, ein gemeinsames Ziel zu erreichen, ohne die Kosten, die normalerweise mit kommerziellen Lösungen verbunden sind. Die Open-Source-Komponenten ermöglichen es allen Nutzern, von den Basisfunktionen zu profitieren, während sie gleichzeitig die Möglichkeit bieten, auf Wunsch weitere Funktionen hinzuzufügen. Zusätzlich bietet die Goods Passport ID selbst einige Vorteile für alle beteiligten Parteien. Der Austausch von Zolldaten wird wesentlich effizienter und verkürzt die Fristen bei der Einfuhranmeldung für den Käufer. Als fälschungssichere Art der Speicherung und des Datenaustauschs ermöglicht die Blockchain den Parteien außerdem, die Informationen der Goods Passport ID zu überprüfen oder doppelt zu kontrollieren. Die Blockchain-Technologie gestattet es den Beteiligten auch, relevante Dokumente hinzuzufügen und deren Integrität durch eine dritte Partei zu überprüfen. Es sind weniger Kontrollen notwendig, wenn die Daten der Zollanmeldung mit den in der Blockchain gespeicherten Informationen übereinstimmen.

Kurz gesagt, mit der Goods Passport ID ist es möglich, dass die Behörden nur die Goods Passport ID mit den angemeldeten Waren vergleichen und nicht auch die Ausfuhr- oder Einfuhrrechnung prüfen müssen. Da die zugrundeliegende Blockchain-Technologie nicht von einzelnen Unternehmen, sondern von der Regierung gesteuert wird, haben die Teilnehmer mehr Vertrauen in den Prozess, was wiederum die zusätzlichen Kontrollen reduziert und den gesamten Prozess der grenzüberschreitenden Zollabfertigung beschleunigt.

Auf einen Blick: sechs Gründe für den Einsatz von Open Source und der Goods Passport ID bei der grenzüberschreitenden Zollabfertigung

  1. Open Source: Die Goods Passport ID kann kostenfrei erstellt werden.
  2. Schnelligkeit: Ein Schlüsseldatensatz erlaubt schnellere Abfertigungsvorgänge.
  3. Sicherheit: Blockchain ist fälschungssicher und ermöglicht es, alle Informationen der Goods Passport ID zu verifizieren.
  4. Nachweis & Überprüfung: Hinzufügen der relevanten Dokumente und Überprüfung ihrer Vollständigkeit.
  5. Reibungsloser Grenzübertritt: Der Datenabgleich zwischen der Abfertigung und der Goods Passport ID erfordert weniger Eingriffe.
  6. Automatisierung: Blockchainbasierte Goods Passport ID beschleunigt die Zollprozesse noch weiter.

Wie man die Goods Passport ID in Zollverfahren anwendet

So funktioniert es in der Praxis: Zunächst gibt der Verkäufer die wichtigsten Daten der exportierten Waren in eine Open-Source-Blockchain-Anwendung ein – für jede einzelne Rechnung. Dadurch wird ein unveränderlicher Datensatz mit einer Goods Passport ID erstellt, der vom Aussteller der Ausfuhrerklärung zu den Anmeldeunterlagen hinzugefügt wird. So können die Behörden bei der Einreichung der Ausfuhranmeldung prüfen, ob die Schlüsseldatenfelder mit denen in der Blockchain übereinstimmen – identifiziert durch die Goods Passport ID. Am Bestimmungsort wird die Goods Passport ID der Einfuhranmeldung hinzugefügt und von den Zollbehörden des Einfuhrlandes geprüft sowie mit den Waren abgeglichen. Wenn alles in Ordnung ist, können die Waren eingeführt werden und die Zollabfertigung ist abgeschlossen. Das bedeutet nicht nur weniger Aufwand für das Zollpersonal – auch der Kunde kommt durch diesen optimierten Prozess schneller an seine Ware.

 

Die Zukunft der Zollabfertigung optimieren. Gemeinsam. Für alle.

Auch wenn es in den letzten Jahren bereits eine Reihe von Versuchen gab, blockchainbasierte Lösungen im Zollbereich einzuführen, konnte sich bislang keine dieser Lösungen dauerhaft durchsetzen. Dies lag entweder daran, dass diese Lösungen nur von einem einzigen Frachtanbieter angeboten wurden und daher nicht allgemein genutzt werden konnten, oder daran, dass sie kommerzialisiert wurden und es aufgrund der damit verbundenen Kosten an Interesse mangelte. Das „Open Customs Blockchain“-Projekt der Open Logistics Foundation zielt auf eine möglichst flächendeckende Anwendung ab und richtet sich daher an alle an der Zollabfertigung beteiligten Parteien: Behörden, Exporteure, Importeure, Zollagenten und Logistikdienstleister. Die Lösung dafür liegt nicht nur im Gebrauch von Open Source, sondern auch in der Zusammenarbeit an diesem Projekt und somit in der vereinfachten gemeinsamen Realisierung und Umsetzung.

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