Kommt das Dokument am Zielort an, können weitere Verzögerungen entstehen. Der Zollinspektor überprüft alle Anforderungen wie die Lesbarkeit sowie die Authentizität von Unterschrift und Stempel. Er kann die Ware ablehnen, wenn das Dokument Schreibfehler aufweist oder das Wasserzeichen beschädigt ist. Wird das COO nicht pünktlich nachgewiesen, fallen außerdem sogenannte Ausgleichszahlungen für den Verkauf der Ware an den Endkunden an. Zwar ist es möglich, diese Kosten im Nachhinein zurückzufordern, jedoch kann die Rückerstattung im Normalfall bis zu zwölf Monate dauern. Trifft die Ware letztlich beim Kunden ein, riskiert das Unternehmen eine Reklamation aufgrund des verpassten Liefertermins.
Der enorme zeitliche und finanzielle Aufwand rund um die COO-Logistik könnte sich durch die Einführung einer digitalen Zollabfertigung reduzieren. Ein Pilotprojekt der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer lautet Green Customs Channel. Mit dem Ziel eines grenzüberschreitenden elektronischen Dokumentenflusses wird das bereits bestehende Ausfuhranmeldeverfahren der europäischen Zollbehörden auf das russische Einfuhrzollverfahren übertragen. Dabei gibt es allerdings eine Herausforderung: Die Eurasische Wirtschaftsunion (EAWU) regelt die derzeitig bestehende Rechtsgrundlage für die Zollabfertigung in Russland, Belarus, Kasachstan, Kirgisistan und Armenien. Sie akzeptiert laut Beschluss Nr. 49 elektronisch ausgestellte Ursprungszeugnisse, jedoch nur mit gewissen Einschränkungen. Die Handelskammer muss dem verantwortlichen Zollinspektor Zugriff auf die Datenbank geben. Dies ermöglicht ihm, zu überprüfen, dass das Zertifikat tatsächlich ausgestellt wurde und ob es alle benötigten Informationen erhält.
In der Praxis entstehen durch diese Methode noch einige Komplikationen. Stammt die Ware aus einem anderen Land als dem Exportland, muss das eindeutig auf dem COO einsehbar und mit einer Rechnung oder Erklärung aus dem Ursprungsland nachgewiesen sein. Sollten diese Informationen die Schreibfläche des Dokuments übersteigen, kann es zu Komplikationen kommen.Dann ist es notwendig, zu bestätigen, dass die restlichen Anhänge zur gleichen Bescheinigung gehören. Automatisch bringen die russischen Zollbehörden die zusätzlichen Blätter nicht mit dem ersten elektronischen Dokument in Verbindung.
Als Best Practice dient das Beispiel Belgien. Die dortige Handelskammer bietet bereits ein Software-Tool mit direktem Zugriff über einen Online-Log-in an. Alle erforderlichen Dokumente wie Rechnungen, Packlisten oder Original-COOs werden unkompliziert auf das Portal hochgeladen. Danach muss das Unternehmen sie nur noch digital signieren lassen und kann die Dokumente schließlich für den Export nach Russland nutzen.
Der Grundgedanke des Green Customs Channel besteht darin, eine digitale Signatur für das Übermitteln der COOs an die zuständigen Zollbehörden zu verwenden. Das funktioniert in der Praxis folgendermaßen: Möchte ein russisches Unternehmen Ware in die Europäische Union exportieren, schickt es zunächst die Ausfuhrzollanmeldung an den russischen Zoll. Dieser lässt die Anmeldung genehmigen und schickt sie an das Unternehmen zurück. Die Anmeldung mit der digitalen Signatur wird im Anschluss an einen Zollvertreter, etwa einen spezialisierten Logistikdienstleister, gesendet. Dessen Vermittlung ist verpflichtend, da die deutschen und russischen Zollbehörden nicht direkt miteinander kommunizieren dürfen. Danach wird die Anmeldung an die dritte vertrauenswürdige Partei, den Informationsintegrator, weitergeleitet. Dieser prüft die Integrität und stellt die Quittung für die Prüfung aus. Der offiziell anerkannte Zollvertreter in Europa übermittelt diese Ausfuhranmeldung zusammen mit der digitalen Unterschrift und Quittung an die europäischen Zollbehörden. In der Zwischenzeit fährt der Lkw von Russland zur Grenze und zum Bestimmungsort, zu der Zollabfertigungsstelle. In dem Moment, in dem der Lkw die Grenze von Weißrussland nach Polen passiert, schickt das ursprüngliche Zollterminal die Daten an den Grenzzoll. Der Grenzzoll bestätigt, dass der Lkw das Gebiet der EAWU physisch verlassen hat.
Eine digitalisierte Zollabfertigung beschleunigt den gesamten Prozess. Arbeitsintensive Schritte und weitere Verzögerungen durch menschliche Fehler rund um die COO-Logistik entfallen. Der Dokumentenfluss findet auf einem zentralen System statt, wodurch zusätzlich die Kosten für die Logistik und Lagerung eingespart werden. Gleichzeitig gestaltet sich der gesamte Prozess papierlos und transparenter: Die Zollbehörden haben die benötigten Informationen umgehend vorliegen. Das ermöglicht einen schnelleren Handel, der wiederum höhere Zollzahlungen für das Importland schafft. Von den Vorteilen einer digitalen Lösung profitieren beide Handelspartner.
Anmelden
Bitte melden Sie sich an, um diesen Artikel zu speichern oder zu kommentieren.
Sie sind noch nicht angemeldet?
Registrieren
Kommentare
Für diesen Artikel gibt es 0 Kommentare