Das Lager der ZukunftDas Lager der Zukunft
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Logistik im Dialog

Das Lager der Zukunft

Autoren:

Martin Hemmer, Innovations-Manager bei Rhenus Warehousing Solutions über die Lagerlösungen von Morgen

Drohnen, die Lager-Inventuren im Flug erledigen, selbstfahrende Roboter, die beim Kommissionieren unterstützen, oder Hightech-Anzüge, die den Mitarbeitern im Lager übermenschliche Kräfte verleihen – was nach Science-Fiction klingt, ist im Bereich Warehousing Solutions bereits im Einsatz oder in der Erprobungsphase. Als Innovations-Manager hat Martin Hemmer zur Aufgabe, die Entwicklung in den Lägern der Rhenus Gruppe weiter voranzutreiben und Innovationen in diesem Bereich im Blick zu halten und auf Einsatzmöglichkeiten im Unternehmen hin zu prüfen. Aus seinem spannenden Alltag berichtet er im Rhenus-Podcast „Logistics People Talk“ und gibt dabei einen Ausblick darauf, wie sich das Warehouse der Zukunft darstellen wird.

Podcast
21.07.2021

Logistics People Talk | Episode 3

Martin Hemmer, Innovations-Manager bei Rhenus Warehousing Solutions, wagt einen Blick in die Zukunft der Lagerlogistik: Wie unterstützen technische Innovationen künftig die Arbeit im Warehouse und was geht schon heute?

Fit für die Automatisierung von Prozessen?

Erfahren Sie mehr über die innovativen Lösungen der Rhenus Gruppe.

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Transkript unserer Podcast-Episode

00:00:00
Andrea Goretzki: Logistics People Talk. Der Rhenus Podcast für alle, die in Sachen Logistik up to date bleiben wollen. Präsentiert von Gwendolyn Dünner und Andrea Goretzki. Unser heutiger Gast ist Martin Hemmer. Innovationsmanager bei der Rhenus Warehousing Solutions. Das Thema: Innovationen in der Lagerlogistik.

00:00:32
Gwen Dünner: Hallo und herzlich willkommen! Wir begrüßen unseren heutigen Gast Martin Hemmer.

00:00:37
Martin Hemmer: Ja hallo! Ich freue mich, hier zu sein.

00:00:38
Gwen Dünner: Herr Hemmer, schön, dass Sie bei uns sind. Wir freuen uns schon auf viele spannende Neuigkeiten aus der Warehousing Welt. Aber zunächst, wir haben Sie schon vorgewarnt, möchten wir gerne ein kleines Warm-up machen mit Ihnen. Dafür haben wir einige Fragen vorbereitet, die Sie einfach spontan aus dem Bauch heraus beantworten. Sind Sie bereit?

00:00:55
Martin Hemmer: Gerne.

00:00:57
Gwen Dünner: Sehr schön. Home Office oder Büro?

00:01:00
Martin Hemmer: Am liebsten eine Mischung daraus. Im Augenblick halt sehr viel Homeoffice, aber ich bin auch gerne mal wieder in Holzwickede, so wie heute.

00:01:07
Gwen Dünner: Großstadtfieber oder Landliebe?

00:01:10
Martin Hemmer: Landei.

00:01:12
Gwen Dünner: Lieferservice oder selber kochen?

00:01:15
Martin Hemmer: Meistens Lieferservice.

00:01:17
Gwen Dünner: Und dann Big Mac oder Sushi?

00:01:19
Martin Hemmer: So etwas gibt es bei uns auf dem Land nicht.

00:01:23
Gwen Dünner: Was gibt es denn da?

00:01:24
Martin Hemmer: Bei uns gibt es Pizza und Jägerschnitzel.

00:01:26
Gwen Dünner: Ja, auch gut. Gute Wahl. Bootstour oder Motorradtrip?

00:01:31
Martin Hemmer: Ja, ganz klar. Motorradfahren.

00:01:33
Gwen Dünner: Onkel Dagobert oder Daniel Düsentrieb?

00:01:36
Martin Hemmer: Oha, was sage ich denn dabei? Keine Ahnung. Onkel Dagobert.

00:01:40
Gwen Dünner: Okay. Und selbstfahrendes Auto oder sprechender Kühlschrank?

00:01:46
Martin Hemmer: Selbstfahrendes Auto.

00:01:47
Gwen Dünner: Da sind wir auch eigentlich schon direkt im Thema, denn selbstfahrende Fahrzeuge gibt es ja auch in der Lagerlogistik heutzutage. Von autonomen Fahrzeugen bis zum Internet of Things kennen Sie sich ja besonders gut aus, denn Sie sind Innovationsmanager bei Rhenus Warehousing Solutions. Wie wird man das? Und was genau macht ein Innovationsmanager?

00:02:12
Martin Hemmer: Seit Anfang des Jahres konzentriere ich mich eben auf das Thema Innovation. Es steht auf meiner Visitenkarte: Innovationsmanager. Vorher war das Thema auch schon in meinem Bereich. Dort habe ich dann noch mit dem technischen Einkauf das Thema Materialflussplanung verantwortet. Das Thema Innovation wird aber immer größer, sodass ich mich jetzt voll und ganz darauf konzentrieren kann, mit einem kleinen Team, aber nicht ohne die Kollegen da zu involvieren und auch immer wieder dazu zu holen. Weil Innovationen kommen aus den unterschiedlichsten Ecken zu uns. Eben ganz klassisch aus der Technik, wie man das oft so denkt im Lager, aber eben auch aus dem Bereich IT vor allem und manchmal sogar aus dem Bereich Personalwesen, wenn es um Sachen geht wie Gamification oder so etwas.

00:03:08
Andrea Goretzki: Sie haben gerade gesagt, Herr Hemmer, dass Innovationen aus den verschiedensten Ecken und Bereichen kommen. Wie war denn so die Entwicklung, wenn wir uns die Innovationen im Warehouse angucken in den letzten Jahren? Welche Entwicklung hat es genommen und wie ist momentan so der Status Quo?

00:03:22
Martin Hemmer: Ja, die Entwicklung - es hat immer schon neue Themen gegeben im Lager und wir sind auch immer schon Up-to-date gewesen, oder haben es versucht zu sein. Wir haben uns auf Messen schlau darüber gemacht, was es alles gibt. Aber man merkt, dass in den letzten zwei bis drei Jahren die innovativen Themen enorm zugenommen haben, speziell das, was es für das Lager gibt und um da Up-to-date zu bleiben, muss man inzwischen schon ganz schön viele Informationen sammeln und mit vielen Leuten sprechen und das wird immer komplexer. Das System Lagerhalle, Regale, Stapler, das funktioniert schon lange, reicht aber mittlerweile nicht mehr, um dem Bedarf des Kunden gerecht zu werden. Und auch von da kommen immer Fragen nach Innovationen und/oder neuen Technologien. Das Aufkommen von Innovation in der Vergangenheit hat dann an Geschwindigkeit zugenommen und wir haben zunächst versucht das europaweit zu bündeln, haben dann aber gemerkt, wenn man tatsächlich versucht, sich mit jedem Warehousing Solutions-Standort in Europa abzustimmen, dann kommen Fragen wie: "Was macht ihr gerade?", "Wer macht das zuerst?" Und am Ende koodiniert man nur noch und schaut nur noch, wo neue Innovationen herkommen und deswegen haben wir gesagt, dass wir uns fokussieren müssen. Das heißt, in jedem Land fokussieren wir uns mit einem Team auf Innovationen, die dort dafür aufkommen und die in den Lagern des Landes umgesetzt werden können. Das machen wir in jedem Land in Europa, aber das machen auch andere Bereiche in der Rhenus. Die Automotive oder auch Home Delivery haben jeweils eigene Innovationsteams, mit denen wir uns auch regelmäßig abstimmen und wir versuchen uns im Groben auf dem Laufenden zu halten. Das birgt natürlich das Risiko, dass man an der ein oder anderen Stelle Innovationen parallel vorantreibt, was aber nicht so tragisch ist.

00:05:21
Gwen Dünner: Wenn man jetzt mal von der Kundenseite aus darauf schaut. Also die Kunden im Sinne von die Personen, die zu Hause sitzen und ein Paket bestellen, eine Ware bestellen, dann sind diese Innovationen in der Lagerlogistik ja meist eher nicht sichtbar, weil sie halt intern ablaufen und sozusagen den Prozess optimieren, bis das Paket dann vor der Haustür landet. Trotzdem gibt es ja wirklich sehr spannende Projekte. Welche sind für Sie die Highlights?

00:05:47
Martin Hemmer: Ja, da muss ich ein bisschen widersprechen. Wir haben halt verschiedene Kunden. Wir haben unsere direkten Kunden. Das sind ja Industrieunternehmen oder auch Handelsunternehmen. Die merken schon was von den Innovationen, die bei uns im Lager laufen. Der Endkunde dann - ja, da gebe ich Ihnen Recht. An der Haustür, der bekommt sein Paket, das hoffentlich gut gepackt ist und er sieht nicht mit welcher Technik das alles durch das Lager gelaufen ist. Zum Beispiel über komplexe Fördertechnik, vorbei an der Paketekamera. Die schaut, ob alles drin ist über den automatischen Verschließer, den automatischen Etikettierer und z.B. einen anschließenden Sortierer, der die Pakete dann destinationsgerecht den Brücken zuführt. Sowas bekommt er dann nicht mit. Oder auch wenn wir zum Beispiel die Pakete im Container mithilfe eines Exoskelettes verladen, was in der Testphase ist. Mal schauen, wie weit wir da kommen oder was das hilft. Ansonsten laufen natürlich eine Menge an Innovationen bei uns in den Lagern. Mit unseren direkten Kunden arbeiten wir eng zusammen. Oftmals fragt uns der Kunde auch nach innovativen Ideen, vor allem in der Akquisephase. Wir werden oft aufgefordert, innovative Techniken, innovative Lösungen mit anzubieten. Gar nicht mal, damit wir sie direkt bei der Realisierung auch umsetzen. Aber es interessiert den Kunden schon, ob wir ein innovativ orientiertes Unternehmen sind und mit ihm dann auch in der Zukunft eventuell neue Sachen, vielleicht auch Sachen, die es jetzt noch gar nicht gibt, umsetzen können und wollen. In Bestandsprojekten, die zum Teil schon über zehn Jahre laufen, suchen wir natürlich auch immer noch nach innovativen Ansätzen. Dort kommen wir von relativ konventionellen Abläufen und versuchen im laufenden Betrieb Innovationen einzubringen. Das ist oftmals schwieriger, als wenn man es ganz neu anfängt. Da ist es immer am schönsten, wenn es halt keine riesen Umbauten gibt, sondern wenn solche Innovationen mal modular und sukzessiv eingeführt werden können, z.B. wenn man Handterminals sukzessiv durch Pick by Voice- und Pick bei Vision-Geräte ersetzen kann.

00:08:00
Andrea Goretzki: Sie haben jetzt gerade schon ein paar Stichworte genannt, z.B. Paketkamera oder automatische Etikettierungen. Das hört sich danach an, dass in den Lagerabläufen immer mehr technisiert wird, automatisiert wird, die Mitarbeiter in vielen Fällen vielleicht gar nicht mehr so Hand anlegen müssen, wie das früher mal der Fall war. Wir sind ja da schon relativ schnell in einem sensiblen Bereich. Fallen durch sowas gegebenenfalls Aufgaben weg, Arbeitsplätze weg oder wie verhält sich das?

00:08:30
Martin Hemmer: Gute Frage. Ja, also Aufgaben fallen weg, wenn wir technisieren. Also wir sprechen da gerne von Technisierung, oftmals weniger von Automatisierung. Die Technisierung soll eben den Menschen unterstützen. Die Technisierung kennt man natürlich schon lange im Lager. Jeder Stapler beispielsweise ist eine Technisierung und die Paletten müssen nicht mehr von Hand bewegt werden, sondern durch einen Stapler. Das nimmt jeder hin, das ist ganz normal und an der Stelle arbeiten wir im Grunde weiter. Wir schauen nach weiteren Sachen, die wir technisieren können, um dort den Menschen von stupiden Tätigkeiten befreien können. Neudeutsch: kollaborativer Ansatz. Dass Mensch und Maschine zusammenarbeiten. Und ich glaube, das passt ganz gut in die Technik. Technikeinsatz hat es gerne, wenn gleichbleibende Anforderungen vorhanden sind, immer gleichbleibende Tätigkeiten. Das mag die Technik. Wenn es immer gleich ist, dann kann man die sehr effizient einsetzen. Aber ich sage, das sind genau die Tätigkeiten, die Menschen eigentlich nicht so gerne machen. Der Mensch macht ja lieber etwas, was abwechslungsreich ist. Und dort brauchen wir ihn und dort muss der Mensch auch weiterhin eingesetzt werden. Die Frage wo die Grenze da ist, ist sinnvoll. Was kann die Maschine, was macht der Mensch noch? Diese Grenze wird sich sicherlich ein bisschen verschieben. Das was heute noch in jedem Fall der ensch erledigen muss, kann eventuell demnächst in Teilen von einer Maschine übernommen werden. Die Menschen werden wir auf jeden Fall weiterhin brauchen, denn eine volle Automatisierung sehe ich noch lange nicht im Lager.

00:10:06
Andrea Goretzki: Das heißt also, schlussendlich ist die ganze Technisierung da, um den Menschen zu unterstützen und zu entlasten und nicht um ihn zu ersetzen?

00:10:16
Martin Hemmer: Ja, genau so könnte man es sagen.

00:10:19
Gwen Dünner: Gott sei Dank. Und welche Automatisierungslösungen gibt es schon, die Rhenus testet oder auch schon implementiert hat? Gibt es da auch was Neues?

00:10:29
Martin Hemmer: Ich möchte sagen, wir technisieren natürlich schon eine ganze Weile. Wir haben vor allem in größeren Projekten sehr umfangreiche Förder- und Sortiertechnik installiert. Wie vorhin schon mal gesagt, mit Kameras und integrierten Wagen, die dann automatisch schauen, ob das Paket in Ordnung ist und eventuell ausschleusen. Und wir haben natürlich auch neue Ansätze. Dazu muss ich sagen: unsere Kunden, auf die wir sehr fokussiert sind, sind sehr unterschiedlich. Die haben unterschiedliche Anforderungen und ganz unterschiedliche Waren und auch Anforderungen an das Handhaben ihrer Waren. Deshalb können wir nicht in jedem Projekt dieselbe Technik anwenden und müssen uns oder wollen uns - ich finde das auch sehr gut - können uns in jedem Projekt unterschiedliche Ansätze überlegen und müssen diese dann möglichst effizient einsetzen. Und deswegen haben wir ja viele Beispiele von verschiedenen Techniken und neuen Techniken, die wir so einsetzen, z.B. Ware zum Mitarbeiter. Paternoster hieß das früher mal. Wir haben zum Beispiel ein ganz neues Shuttle-System am Standort in Eisenach. Die sind mit Schnellpick-Einrichtungen ausgestattet, sodass man auf sehr hohe Leistungen kommt. Wir haben automatischen Schubmaststapler in Dortmund. Wir haben automatische Niederflurfahrzeuge, die Palettentransporte übernehmen, Roboterarme. Eine Inventurdrohne haben wir inzwischen schon im Testeinsatz und davon noch einige mehr.

00:11:58
Andrea Goretzki: Sie hatten sich gerade eingangs in der Entweder-Oder-Frage bei der Wahl zwischen einem sprechenden Kühlschrank und einem autonomen Fahrzeug für das autonome Fahrzeug entschieden. Sprechen wir mal darüber. Welche Vor- und Nachteile gibt es dabei? Also wie verhindert man z.B., dass die autonomen Stapler im Lager Kollegen anrempeln? Oder wir haben z.B., das hatten wir - glaube ich - auch schon angeschnitten, den sogenannten Effibot im Einsatz. Wieso fährt er den Kollegen nicht in die Hacken? Was passiert da genau?

00:12:33
Martin Hemmer: Auch in den kleinsten Maschinen, die neben den Menschen herfahren, oder die in diesem kollaborativen Betrieb sind, ist schon hoch sensible Technik eingebaut, die also ständig das Umfeld der Maschine beobachtet. Und sobald in dieses Umfeld eben etwas hinein kommt, was da nicht hinein gehört, wird das Fahrzeug langsamer bis hin zum Stillstand. Also es sieht genau, wer im Umkreis ist. Es passt die Geschwindigkeit an. Und wenn dieses Hindernis nicht mehr da ist, fährt das Fahrzeug dann auch von selber weiter. Es fährt allerdings nicht zurück. Wenn wir erst da hinkommen, dass die Maschine mit dem Menschen kommuniziert, also quasi erkennt: "Da komme ich nicht vorbei, da muss ich mir einen anderen Weg suchen." Es gibt da erste Ansätze. Die haben wir aber noch nicht im Lager bei uns. Wir haben erste Tests mit fahrenden Roboter-Einheiten gemacht, die den Menschen ausweichen. Aber das ist ein Bereich, wo im Augenblick noch dran geforscht wird. Ob das alles so sinnvoll ist, muss man mal schauen, wenn er ständig ausweicht und sich irgendwie andere Wege sucht. Das ist natürlich nicht produktiv, ganz am Ende. Das ist immer das Spiel zwischen Technik und Wirtschaftlichkeit. Nicht alles, was funktioniert und super aussieht, ist am Ende auch wirtschaftlich einsetzbar. Und darum geht es ganz am Ende natürlich auch.

00:13:56
Gwen Dünner: Wir sind da jetzt auch schon im Grunde in dem Bereich Künstliche Intelligenz und Digitalisierung. Welchen Stellenwert hat das Digitale oder die Digitalisierung von solchen Prozessen? Und natürlich auch das Maschinenlernen. Welche Methoden werden da genutzt und was ist das Ergebnis?

00:14:14
Martin Hemmer: Genau wie Sie schon sagen: Digitalisierung ist allgegenwärtig. Man spricht im Grunde gar nicht mehr darüber, sondern man akzeptiert sie einfach, weil ohne werden wir sowieso nicht mehr weiterkommen. Wir haben sie aber auch schon lange im Lager. Also wir arbeiten schon länger nicht mehr mit Listen, sondern haben Handterminals im Einsatz, die jede Buchung dem Server melden und dort wird alles online verarbeitet. Und diese Informationen gehen bei Bedarf eben auch direkt an den Kunden, der daraufhin Bestände anpasst, eventuell Aufträge anders steuert, Sachen bestellt, die dann wieder im Wareneingang ankommen. Das heißt, dort sind wir schon länger digital unterwegs. Aber die Digitalisierung hat auch in anderen Bereichen stark zugenommen. Es gibt verschiedenste Lösungen. Neben den Handterminals und sogenannten Wearables gibt es inzwischen halt auch Pick by Voice- oder Pick bei Vision-Geräte. Wir arbeiten mit Smartwatches, also mit Anzeigegeräten, Handrückenscannern, Ringscannern. Also das würde ich jetzt mal zum Thema Digitalisierung packen. Das Thema digitaler Zwilling ist im Augenblick ja zum Beispiel auch so ein Riesenthema. Das hat es im Grunde im kleinen Stil früher auch schon gegeben. Man hat Testsysteme aufgesetzt, mit deren Hilfe man simuliert hat, was dann im echten Lager höchstwahrscheinlich passieren wird. Man hat tatsächlich auch größere Simulationen beauftragt und mit den Daten, die einem vorlagen, vorgenommen. Und genau da ist es halt viel einfacher geworden, massenhaft Daten zu erfassen und aus diesen Daten dann etwas zu bauen. Inzwischen hat das so eine Form angenommen, dass man da tatsächlich von einem digitalen Zwilling sprechen kann. Mit einem bestimmten Tool erfassen wir Daten im Lager. Wir statten also Mitarbeiter mit Sensoren aus und verteilen Sensoren im Lager und können darüber feststellen, wie die Mitarbeiter durch das Lager gehen, wie sie sich bewegen, wie schnell sie sich bewegen, an welchen Stellen sie stehenbleiben, wann sie sich bücken, wann sie nach oben greifen, wann sie nach unten greifen. Alles anonymisiert. Das zum Thema Datenschutz. Keine Sorge.

00:16:34
Andrea Goretzki: Das wäre die nächste Frage gewesen.

00:16:39
Martin Hemmer: Man kann nicht nachvollziehen wer das war. Damit wollen wir die Prozesse optimieren und sehen. Dinge wir zum Beispiel: Warum bleiben denn die Mitarbeiter in dem Bereich immer stehen? Gibt es da Hindernisse, die sie aufhalten? Sind Artikel nicht richtig angeordnet? Sind sie zu hoch, zu tief, zu schwer, wie auch immer... Und dann kann man dort eingreifen. Und solche Sachen kann man dann inzwischen mit einem digitalen Zwilling oder mit der Verarbeitung massenhafter Daten auswerten und sich das zunutze machen. Das war früher sehr viel schwieriger. Dass man solche Daten eben in dem Umfang bekam und auch so einfach auswerten konnte, das war sehr, sehr viel aufwändiger.

00:17:24
Andrea Goretzki: Bleiben wir nochmal einen Moment bei der Digitalisierung. Die andauernde Coronapandemie hat sowohl im privaten Bereich als auch im geschäftlichen, also wirklich allumfassend, einen richtigen Schub gegeben für die Digitalisierung. Stellen Sie das auch im Lager fest bei sich? Und was hat sich da geändert? Beschleunigt Corona im Prinzip die Entwicklung neuer Lösungen? Welche Lösungen haben sich hier besonders bewährt, mit Blick auf das vergangene Jahr?

00:17:56
Martin Hemmer: Ja, für mich persönlich hieß das erstmal, dass die Bearbeitung natürlich anders geworden ist. Man ist im Augenbick leider nicht mehr so viel im Lager - fast gar nicht mehr. Man arbeitet digital mittels Videokonferenzen und unsere Teamsplattform hat sich bewährt und man hat jede Menge gelernt. Man musste auch lernen, wie man damit umgeht und es hat sich gezeigt, dass das wirklich sehr gut funktioniert. Im Lager selber konnten wir natürlich nicht so schnell Sachen ändern, weil die Artikel liegen immer noch da und müssen auch in Coronazeiten gepickt und gepackt werden und zum Kunden geschickt werden. Es hat sich aber gezeigt, dass eben solche Themen sinnvoll zu bearbeiten sind, wie vorhin gesagt. Vorgänge wie "Ware zu Person" sind natürlich geeigneter, um Kontakt zu vermeiden, als wenn man mit mehreren Kommissionierern durch das Lager läuft und sich ständig nahe ist. Aber so schnell lässt sich sowas halt nicht ändern. Solche Einbauten dauern immer. Aber es wird für die Zukunft sicherlich eine Rolle spielen. Hätte es aber auch ohne Corona schon. Vielleicht nicht mit dem Stellenwert. Vielleicht ist das nochmal ein Push dafür.

00:19:16
Gwen Dünner: Auch das Lager selber kann ja eine Innovation sein. Bei Rhenus in den Niederlanden gibt es z.B. dieses strahlende Beispiel in Tilburg. Dort gibt es eine Solaranlage auf dem Dach. Es ist besonders energieeffizient und das Gebäude wurde als das nachhaltigste Industriegebäude der Welt ausgezeichnet.

00:19:31
Martin Hemmer: Ja, das Lager in Tilburg ist schon sehenswert. In der Tat. Aber die Features beziehen sich größtenteils auf den Bau. Und da sind unter anderem wieder andere Kollegen, die sich mit innovativen Themen am Bau beschäftigen. Ich selber befinde mich mit den innovativen Themen aber eher im Lager. Aber auch da haben die Kollegen ja einiges eingebaut. Jede Menge Technik, z.B. die Autostore-Anlage, die auf sehr engem Raum mit Robotern Lagerboxen bewegt und zur Pickstation bringt. Daran sieht man, dass wir bei der Rhenus viele Stellen haben, die sich mit dem Thema Innovation beschäftigen. Eben nicht nur Technik, sondern auch am Bau, wo es um Energie und Nachhaltigkeit geht. Das Thema Innovation ist halt so groß, dass es auch jede Menge Leute verträgt, die sich darum kümmern. Und das haben wir auch gesehen in der letzten Zeit, dass es wichtig ist, dass es eben nicht nur an einer Stelle passiert, sondern Innovationen von sehr vielen bearbeitet werden oder auch von sehr vielen in das Unternehmen oder in die Teams hineingetragen werden.

00:20:43
Gwen Dünner: Aber alle Lager so wie in Tilburg zu bauen, das ist jetzt nicht der Plan, oder?

00:20:49
Martin Hemmer: Wüsste ich nicht.

00:20:49
Gwen Dünner: Wäre wahrscheinlich teuer...

00:20:53
Martin Hemmer: Ja, aber wenn es sich lohnt am Ende. Darum geht es ja auch, mal was auszuprobieren. Einmalig muss es sich vielleicht nicht immer lohnen, aber wenn man es auf Dauer macht und vervielfältigt, dann muss es am Ende auch etwas bringen. Ich glaube nicht, dass die nächsten Lager alle genauso aussehen werden. Aber sicherlich wird man Lehren daraus ziehen, was man auch in anderen Lagern davon benutzen kann und auch wiederum, wie es zu den Kunden passt, die wir in Zukunft bekommen, also in den Lagern haben. Dazu muss es eben auch passen.

00:21:24
Andrea Goretzki: Sie hatten gerade schon mal ganz kurz einen Schlenker gemacht und das Thema Nachhaltigkeit angesprochen. Da würden wir auch gerne nochmal darüber reden. Welche Rolle spielt das Thema Nachhaltigkeit bei Innovationen? Müssen Innovationen auch grundsätzlich nachhaltig sein, um bei Rhenus zum Einsatz zu kommen? Oder wird da erst einmal breit getestet?

00:21:47
Gwen Dünner: Auch das Thema Nachhaltigkeit finde ich fließt inzwischen automatisch in die Themen mit ein. Also man betrachtet eigentlich nichts mehr, was nicht auch wenigstens ansatzweise nachhaltig ist. So richtig umweltschädliche oder ressourcenfressende Themen werden eigentlich gar nicht mehr richtig angegriffen und stehen auch nicht mehr unter dem Motto Innovation. Deshalb wird das Thema automatisch mitbetrachtet. Im Lager an sich waren wir schon immer relativ nachhaltig. Wir nutzen seit schon fast Jahrzehnten Elektrostapler und keine Verbrennungsmotoren in den Lagern. Der Trend, der jetzt auf den Straßen zu sehen ist - Elektroautos haben wir eigentlich im Lager schon länger. Jetzt geht es noch darum, wo kommt der Strom her und wie wird der benutzt? Wir arbeiten da z.B. im Lager mit sogenannten Energie-Tankstellen und schaffen es so, dass zum einen die Batterien länger genutzt werden können als früher, dadurch, dass sie schonend geladen werden. Wir machen es dem Mitarbeiter relativ einfach immer die best gefüllte Batterie zu nehmen und wir reduzieren damit die sogenannten Lastspitzen. Das heißt, wir beachten schon auch die Energieerzeugung z.B. auch in einem Kraftwerk. Dort müssen dann nicht zu Stoßzeiten besonders große Strommengen bereitgestellt werden. Und das sollte ein schönes Beispiel dafür, sein dass Nachhaltigkeit, Innovation und Wirtschaftlichkeit auch Hand in Hand gehen können.

00:23:27
Andrea Goretzki: Gibt es da vielleicht auch Innovationen, die Rhenus noch nicht ausprobiert hat? Also haben Sie so eine persönliche Wunschliste an Innovationen, die Sie gerne noch testen wollen würden?

00:23:40
Gwen Dünner: Es gibt jede Menge, die wir noch nicht ausprobiert haben. Wie gesagt, der Markt der Innovationen wächst rasant und dort alles auszuprobieren, wird wahrscheinlich nicht funktionieren. Man muss sich da schon fokussieren auf die Sachen, die einen höchstwahrscheinlich nach vorne bringen. Und dann muss man auch mal irgendwann sagen: "So, jetzt verfolgen wir eine Innovation, eine Idee, eine Technik intensiver und bringen die auch bis ins Lager, sodass wir auch tatsächlich mal sehen, wie es sich dann bei uns im Lager realisieren lässt, welchen Einfluss es hat und welchen Erfolg wir damit haben." Also immer nur über Innovationen zu reden und Listen zu führen und zu zeigen, was man alles schon mal irgendwo gehört hat und sich sagen, das müsste doch bei uns eigentlich auch funktionieren, bringt einen auf Dauer nicht weiter. Irgendwann müssen wir die auch mal bis ins Lager bringen und so, dass es rentabel darstellbar ist.

00:24:35
Gwen Dünner: Jetzt haben wir schon bereits einige Methoden und Innovationen besprochen, die sich für uns ja schon ziemlich futuristisch anhören, aber wie Sie ja schon gesagt haben, fast schon alltäglich geworden sind. Was ist für Sie bei Rhenus futuristisch? Wo geht die Reise für Rhenus hin?

00:24:50
Martin Hemmer: Ich denke, die Themen Ergonomie und Mitarbeiterverfügbarkeit werden uns beschäftigen in der nächsten Zeit. Also wir werden bessere Arbeitsplätze noch zur Verfügung stellen müssen, also noch bessere als wir heute schon haben. Die Mitarbeiter werden im Schnitt älter werden, werden aber was für die Ergonomie tun müssen. Ebenso die Mitarbeiterverfügbarkeit. Das merken wir heute schon. Gute Staplerfahrer zum Beispiel sind in vielen Gegenden schon schwer zu bekommen. Wir haben halt relativ hohe Hallen. Unsere Hallen sind alle um die zwölf Meter hoch. Und das macht nicht jeder, mit einem Stapler dort Paletten einzulagern. Und deswegen sehen wir, dass wir an der Stelle auch was machen müssen. Auf jeden Fall. Sonst können wir unsere Lager nicht mehr bedienen. Wo das Thema Lagerhaltung tatsächlich hingehen wird - Ja, die Frage stelle ich mir im Augenblick auch, ob wir tatsächlich dieses System mit den zentralen Lagern, die wir haben, so weiterführen können. Bei dem Bedarf an schnellen Lieferungen, die die Menschen haben inzwischen, ist es fraglich. Eventuell wird es darauf hinauslaufen, dass wir viele dezentrale Lager haben, bei denen wir dann zusehen müssen, dass an jedem Standort immer das Material ist, was wir auch benötigen. Dort werden wir dann höchstwahrscheinlich das Thema Daten wieder aufgreifen. Denn so wie früher, dass man schaut: was wurde verbraucht und das dann nachschieben, das wird vielleicht auf Dauer gar nicht mehr funktionieren, sondern wir müssen gucken, was wird in einem Bereich, was wird in einer Region verbraucht, um daraufhin zu schauen, was werden die wohl in Zukunft verbrauchen? Um mal zu gucken: Können wir nicht schon Pakete verpacken, oder Paletten verpacken, sodass man dann nur noch warten muss, dass der Kunde - der Endkunde - den Auftrag schickt und wir im Grunde schon vorbereitet sind auf das, was da kommen wird. Das kann man auf einer Grundlage von umfangreichen Daten vielleicht in Zukunft hinbekommen.

00:26:46
Andrea Goretzki: Jetzt haben Sie so ein bisschen was zur flächendeckenden Organisation gesagt. Wenn wir nochmal auf das einzelne Lager gucken und da so einen Blick in die Glaskugel werfen, wie kann ich mir ein Lager in zehn Jahren vorstellen? Wo geht da die Reise hin?

00:27:03
Martin Hemmer: In zehn Jahren wird das Lager, was heute gebaut wurde und eingerichtet wurde, höchstwahrscheinlich noch genauso aussehen oder ähnlich aussehen, weil die Anlagen, die wir dort installieren, oftmals auf zehn, 15 Jahre abgeschrieben werden und eben auch so lange halten müssen, damit sie rentabel sind. Wenn in zehn Jahren neue Lager gebaut werden, dann wird das sicherlich noch mehr technisiert sein und eine Mischung sein aus fest installierter Technik, eventuell modularer Technik, modularen Robotern. Solche modularen Einheiten werden in Zukunft mehr eingesetzt werden und eben alles das, was diese Technik noch nicht kann, wird weiterhin durch den Menschen erfüllt werden. Da wird es auch in Zukunft noch genug Themen geben, die ich auf lange Zeit nicht bei Maschinen sehe.

00:27:56
Andrea Goretzki: Vielen, vielen Dank für diese überaus spannenden Einblicke. Das hört sich ganz danach an, dass unsere Kollegen in den Rhenus Warehouses in den nächsten Jahren noch ganz viel technische Unterstützung bekommen werden. Wir werden weiterhin gespannt verfolgen, wo die Reise hingeht.

00:28:10
Martin Hemmer: Sehr gerne. Ich bin dabei.

00:28:16
Andrea Goretzki: Und damit möchten wir uns auch von Ihnen, unseren Zuhörern, verabschieden. Sie haben uns hoffentlich gerne zugehört und viel Neues erfahren. Wir danken Ihnen vielmals für Ihre Aufmerksamkeit. Bleiben Sie uns gewogen und schauen Sie auch unbedingt auf den Social-Media-Kanälen der Rhenus vorbei. Da bekommen Sie dann auch direkt mit, wenn unser nächster Podcast online geht. Und natürlich können Sie Logistics People Talk auch abonnieren. Überall da, wo es Podcasts gibt. Dankeschön. Bis bald. Passen Sie auf sich auf. Es grüßen Gwendolyn Dünner und Andrea Goretzki.

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RadekKimak

31.07.2021 - 17:58

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