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Das müssen Frachtführer unter ICS2 beachten

Ob auf dem Luft- und Seeweg, auf der Straße oder der Schiene: Seit Einführung des Zollsicherheitsprogramms ICS2 (Import Control System 2) müssen Frachtführer, die Ware nach oder über Europa importieren wollen, zusätzliche Regeln beachten. Dies soll den Handel sicherer für den EU-Binnenmarkt und seine Bürger gestalten. Wir erklären, worauf Unternehmen achten müssen.

Ein Logistikmanager prüft übereinander gelagerte verschiedenfarbiger Container

Die Europäische Union (EU) ist einer der größten Akteure auf dem internationalen Handelsmarkt. Das macht sie für Länder weltweit zu einem beliebten Ziel für die Einfuhr von Gütern aller Art. So wurden im Jahr 2023 Waren im Wert von rund 2,5 Billionen Euro in die EU importiert1. Damit Unternehmen ihre Produkte überhaupt einführen dürfen, müssen diese sämtliche produktsicherheitsrechtlichen Anforderungen erfüllen. Die Ziele sind der Schutz der EU-Außengrenzen und transparente Zollkontrollen.

Obwohl ICS2 bereits im Jahr 2021 eingeführt wurde, sind die genauen Regelungen vielen Betroffenen noch immer unklar. Zudem wird die EU im Juni 2024 die dritte Stufe veröffentlichen. Für ungehinderte Zollprozesse lohnt es sich, zusammen mit dem Logistikdienstleister eine passende Strategie rund um die ICS2-Anforderungen zu entwickeln.

Was ist ICS2?

Ein wichtiges Kontrollinstrument der Zollbehörden ist das Import Control System 2 (ICS2), ein Frachtinformationssystem zur vorherigen Anmeldung und Kontrolle von Wareneingängen in die EU. Durch die frühzeitige Übermittlung der Frachtdaten an das System wird die Einfuhr von Waren in den europäischen Markt transparenter und sicherer. Dadurch können Staat und Zoll risikoreiche Güter frühzeitig erkennen und bei potenziellen Gefahren proaktiv eingreifen. Gleichzeitig zentralisiert ICS2 das Risiko- und Datenmanagement zwischen EU-Mitgliedern. Als ganzheitliches System erhöhen die erforderlichen Maßnahmen so die Transparenz des Handels im Umgang mit Sendungen aus Drittländern in die EU – eine starke Grundlage für den stärkeren Schutz des Binnenmarktes vor externen Bedrohungen. Für Unternehmen und Privatpersonen beschleunigt das IT-gestützte Kontrollsystem zudem zahlreiche Zollprozesse wie den Informationsaustausch zwischen allen Beteiligten, Risikoanalysen und infolgedessen auch die Einfuhrzollabfertigung.

Nahaufnahme eines Flugzeugflügels und einer Turbine mit Güterwaggons im Hintergrund.

Einführung von ICS2 im Zoll: Phase 1 betrifft Kurier- und Postdienste im Luftverkehr vor dem Verfahren

Das Release 1 der dreistufigen Übergangsstrategie für den Import in die EU ist bereits am 15. März 2021 in Kraft getreten. Das Ziel ist es, Schritt für Schritt das seit 2011 etablierte ICS1-Verfahren zu ersetzen. Im Rahmen der ersten Stufe von ICS2 muss die Pre-Loading Advance Cargo Information (PLACI) jeglicher Luftpost- und Luftexpress-Sendungen zur Vorabkontrolle an das System übermittelt werden. So bieten die Informationen eine zusätzliche Sicherheitsebene, die schon vor dem Verladen der Waren greift: Die Zollbehörden erhalten die wichtigsten Daten über die Sendung wie beispielsweise die EORI-Nummer (Nummer für Economic Operators Registration and Identification), HS-Codes (Codes für Harmonized System) oder eine ausführliche Beschreibung schon vor dem Abflug. Auf Basis dieser Informationen können sie anschließend entscheiden, ob die Fracht verladen werden darf oder nicht. Gegebenenfalls sind dazu weitere Informationen nötig, was der Zoll in Form eines RfI (Request for Information) kommuniziert.

ICS2 Release 2 reguliert seit 2023 alle Waren im Luftverkehr

Die zweite Stufe von ICS2 gilt seit 1. März 2023 und betrifft die gesamte Luftfrachtindustrie. Zu den Wirtschaftsbeteiligten zählen etwa Kurier- und Luftfrachtdienste, Postdienste und Spediteure. Damit treten zusätzliche Bestimmungen zwecks Zollrisikobewertung vor dem Verladen und Eintreffen von Waren in Kraft:  die Angabe des gesamten Datensatzes der Entry Summary Declaration (dt. ESumA, engl. ENS) und der Ankunftsmeldung sowie die Gestellung der Güter. Für alle Waren, die als Post-, Kurier- oder Stückgutsendungen auf dem Luftweg befördert werden, müssen zusätzlich zu den Mindestanforderungen an die Daten vor dem Verladen auch die Anforderungen für die Übermittlung der vollständigen ENS -Daten vor dem Eintreffen der Waren in der Union erfüllt werden. Bei Kurzstreckenflügen (weniger als vier Stunden) muss die ENS spätestens zum Zeitpunkt des Abfluges an die entsprechende Zollbehörde des adressierten EU-Mitgliedstaates übermittelt werden. Handelt es sich um einen Langstreckenflug (mehr als vier Stunden), muss der Meldung mindestens vier Stunden vor der Ankunft der Waren bei der ersten Eingangszollstelle in die EU erfolgen.

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Checkliste: So funktioniert der Import über den Luftverkehr unter ICS2

Das Abfertigungsverfahren lässt sich in fünf Schritten zusammenfassen:

  1. die ESumA (Summarische Eingangsmeldung) an das System übermitteln.
  2. die Ankunft des Flugzeugs melden.
  3. die Transportgüter dem Zoll vorführen.
  4. das Frachtgut gegebenenfalls zwischenlagern.
  5. die Waren in ein geeignetes Zollverfahren überführen.

Zudem müssen diese Informationen griffbereit abrufbar sein:

  • Summarische Eingangsmeldung (ESumA)
  • Pre-Loading Advance Cargo Information (PLACI)
  • Master-Airway-Rechnung (MAWB)
  • House-Airway-Rechnung (HAWB)

 

Neue ICS2-Anforderungen zu Wasser, Straße und Schiene in Release 3

Über den Luftweg hinaus: Ab 3. Juni 2024 tritt das Release 3 von ICS2 in Kraft. Dann gilt das Regelwerk auch für diejenigen Wirtschaftsbeteiligten, die Waren über den Seeweg, in der Binnenschifffahrt und im Straßen- und Schienenverkehr transportieren. Ab wann sie einen vollständigen Datensatz via ENS übermitteln müssen, ist zeitlich gestaffelt:

  • Unternehmen aus See- und Binnenschifffahrt starten pünktlich zum 3. Juni 2024 in die dritte Phase.
  • Unternehmen aus See- und Binnenschifffahrt, die Daten auf Hausebene einreichen, sind ab 4. Dezember 2024 verpflichtet.
  • Unternehmen aus Straßen- und Schienenverkehr folgen am 1. April 2025.

ICS2: Zoll kann bei Gefahren schneller eingreifen

Welche Fracht als Hochrisikosendung gilt, ist von der ICAO (Internationale Zivilluftfahrt-Organisation, Sonderorganisation der Vereinten Nationen) definiert. Darunter zählen Sendungen, die Geheimdiensten zufolge eine Bedrohung darstellen, Manipulation oder verdächtige Eigenschaften aufweisen oder von einer unbekannten Person aufgegeben wurden. Und auch wenn die Ware so beschaffen ist, dass die Basissicherheit potenzielle Gefahren übersehen könnte, zählt sie als Risiko. Durch ICS2 fällt die Kontrolle dieser Kennzeichen um einiges leichter: Im Zweifel kann die Zollbehörde zusätzliche Informationen anfordern (RfI) oder Änderungen an der jeweiligen Sendung verlangen, um gegebenenfalls gefährliche Eigenschaften identifizieren zu können. Leistet der Sender diese Informationen nicht oder weigert er sich, die Änderungen durchzuführen, kann der Zoll ein Ladeverbot aussprechen und unter Umständen die Zollfahndung alarmieren.

So wichtig ist die Beachtung von ICS2-Anforderungen

Mit dem Umstieg auf ICS2 kommuniziert die EU eine klare Botschaft: Mehr Transparenz gewährleistet die Sicherheit im Zoll und damit den rechtmäßigen Handel auf dem Binnenmarkt. Bei einem Verstoß gegen das neue System drohen Sanktionen, Beladungsverbote und gegebenenfalls weitere Kosten für die Lagerhaltung. Dabei sind selbst kleine Fehler oder Versäumnisse problematisch und führen im besten Fall zu verspäteten Lieferungen oder unzufriedenen Kunden. Ein Beispiel: Das einheitliche Format der Entry Summary Declaration lässt keine Abweichungen zu. Somit müssen die Anwender zur Produktklassifizierung anstelle der bisher ausreichenden Warenbeschreibung oder der ersten vier Ziffern des HS-Codes nunmehr sechs Ziffern des HS-Codes übermitteln. Unvollständige oder qualitativ schlechte Erklärungen können daher zurückgewiesen werden oder sogar zu Sicherheitskontrollen durch die EU-Zollbehörden führen.

Sicher in die Zukunft: Strategie zu ICS2 mit dem Logistikdienstleister entwickeln

Insbesondere die Betroffenen der dritten ICS2 Phase aus See- und Binnenschifffahrt sowie Straßen- und Schienenverkehr müssen verinnerlichen, welche Informationen sie zu welchem Zeitpunkt übermitteln müssen. Nur so können sie die zeitkritischen, erforderlichen Prozesse beim Import in das Gebiert der europäischen Union optimal abfertigen, liefersicher bleiben und gesetzte Liefertermine einhalten. Bereits vor der Einführung des neuen Zollsystems war es üblich, sich für verwaltungstechnische Zollangelegenheiten auf einen Logistikdienstleister zu verlassen – das funktioniert unter dem Import Control System 2 auch weiterhin. Erfahrene Logistiker wie zum Beispiel Rhenus bieten neben jahrelanger Expertise auch Fachpersonal und ausgebildete Ansprechpartner an. Diese können bei allen Fragen rund um die Luftfracht und das neue System fundierte Antworten liefern und Lösungen für eine reibungslose Abwicklung anbieten. Indem sie gemeinsam mit dem Dienstleister die passende Strategie für ICS2 entwickeln, bereiten sich Unternehmen proaktiv auf den finalen Rollout vor und können allen Herausforderungen optimal begegnen.

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